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The Gingerbread Man
Produktionsnotizen
Denn wenn man es mal ohne Lagermentalität durchdenkt, ist
die Kollaboration des ikonoklastischen Regisseurs und der Bestseller-Schreibmaschine
für beide business as usual. Hat sich doch Altman, dessen
Karriere von "The Long Goodbye" über
"Popeye" bis "Short Cuts"
stets puren Eklektizismus reflektierte, noch nie einen Deut geschert,
was außerhalb seiner grauen Zellen von ihm erwartet wird.
Und Grishams routinierte Justizthriller ("Die Firma",
"Das Urteil"), ohne die Strände und Flughäfen
dieser Welt um manches öder wären, haben schon ganz
anderen Regie-Meistern wie Pollack oder Coppola als Anlaß
gedient, populäres Material bei der Leinwand-Übersetzung
ihrer Handschrift unterzuordnen. Hollywood-Erwartungskonformität?
Sicher nicht. Oder, um es mit den Worten des ausführenden
Produzenten Mark Burg zu sagen: "THE GINGERBREAD MAN ist
düster, provokant, witzig, sehr sexy und gewiß keine
geschniegelte Grisham-Adaption. Weil sie von einem Filmemacher
stammt, der Kino-Regeln nur als etwas betrachtet, was man am
besten brechen sollte."
Bei THE GINGERBREAD MAN handelt es sich um des Memphis-Anwaltes
einziges nie in Buchform veröffentlichtes Originalskript,
das er schrieb und an den Produzenten Jeremy Tannenbaum veräußerte,
noch bevor seine Romane zillionenfach Abnehmer fanden. In Altmans
Lesart des Drehbuches, das er seinem Regiestil anpaßte,
ist ein fiebriger Thriller entstanden, der auf etlichen Ebenen
gärt.
Da ist der verschachtelte Plot um eine verführerische Schöne,
die den arroganten Anwalt Rick Magruder (Kenneth Branagh) in
ihren Bann schlägt und in einen Mahlstrom der Gefahren taumeln
läßt. Da sind Nebenfiguren, die sich in der moralischen
Grauzone von Böse und Besser bewegen und ihre Geheimnisse
erst im letzten Moment preisgeben - oder ins Grab nehmen. Und
da ist nicht zuletzt die von Altman meisterlich kreierte Atmosphäre
des Filmes, diese hypnotisierende erzählerische Textur,
die Elemente des Film Noir, des Melodrams, der Südstaaten-Gothik
und der sexuellen Obsession balanciert, um vor dem Hintergrund
eines verheerenden Hurrikans auch reichlich zwischenmenschlichen
Morast aufzuwühlen.
"Als ich das Drehbuch zum ersten Mal las", beschreibt
Kenneth Branagh seine Entscheidung für THE GINGERBREAD MAN,
"war ich sehr angetan und zugleich sicher, daß dem
Stoff allein mit einem starken Regisseur Genüge getan werden
könne. Als Altman an Bord kam, war meine Zusage nur noch
Formsache. Unter seiner Ägide wurde ein ohnehin schon fesselnder
Plot zu mehr als einem bloßen Genrestück. Er formte
mit beneidenswertem Instinkt ein sehr reizvolles Ensemble - Leute,
die man bei Grisham nie erwarten würde, und die Kombination
dieser Elemente führte das Projekt in eine sehr positive,
originäre Richtung und ich könnte nicht zufriedener
mit dem Resultat sein."
Abgesehen von der weiblichen Hauptrolle, wo es Altman Überredungskraft
kostete, die Finanziers von der noch relativ unbekannten Embeth
Davitz zu überzeugen, war der Besetzungsprozeß ein
Klacks, wie Produzent Burg erinnert: "Bob sagte uns, wen
er für die Rollen im Sinn hatte, rief die Betreffenden an,
gab ihnen den Drehtermin und bat sie um ihr Mitwirken. Niemand
verneinte. Daran kann man wohl Altmans legendären Ruf als
Schauspielerregisseur ermessen."
Ein guter Grund für diese rare Reputation ist des Hollywood-Outlaws
Angewohnheit, den Akteuren beim Dreh jeglichen Spielraum für
Improvisationen ihrer Texte und Interpretationen ihrer Figuren
zu lassen. "Bob liebt Überraschungen und hält
Szenen damit lebendig und real", sagt Daryl Hannah, "und
wenn wir versehentlich auf etwas reagierten, was gar nicht im
Skript war, ermutigte er solche Reaktionen, weil uns das im normalen
Leben schließlich auch widerfährt." Robert Downey
Jr. ergänzt zum inszenatorischen Jazz-Rhythmus Altmans:
"Er ist am Set so locker, daß er Branagh einfach mit
seinen zwei Filmkindern zum Reden und Spielen vor die Kamera
schickte - ungeachtet von Kens Druck, seine englische Sprachmelodie
allzeit durch einen starken Südstaaten-Akzent ersetzen zu
müssen. Und es kam schon mal vor, daß Altman uns anhielt,
Szenen konsequent weiterzuspielen - obwohl im Drehbuch keine
Silbe mehr stand."
Für die Schlüsselpositionen der Crew engagierte Altman
mit der Kostümdesignerin Dona Granata, der Cutterin Geraldine
Peroni, Komponist Mark Isham und mit seinem Sohn, dem Produktionsdesigner
Stephen Altman, vornehmlich Leute, mit denen er schon bei vorangegangenen
Produktionen gearbeitet hatte - lediglich der "Lebewohl,
meine Konkubine"-Kameramann Changwei Gu war neu im
Team. "Obwohl er kaum Englisch spricht", beschreibt
der Kopf von THE GINGERBREAD MAN die Kooperation mit seinem Auge,
"hat er Großes für den Film geleistet. Er betrachtete
die Savannah-Location mit anderen Blickwinkeln als ein Amerikaner,
und vielleicht wegen der Sprachbarriere photographierte er sie
fast wie bei einem Stummfilm. Das half mir wiederum, die Spannung
und dramaturgischen Zwischentöne der Story zu realisieren."
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