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The Gingerbread Man
Kenneth Branagh
als Rick Magruder
Bei seiner ersten Zusammenarbeit mit einem großen Regisseur
stellt sich Kenneth Branagh - selbst nicht eben unerfahren beim
Inszenieren - ganz in den Dienst Robert Altmans und der Rolle
des erfolgverwöhnten Anwaltes Rick Magruder. Mit dem Gebaren
eines Gewinners und Womanizers, bei dem zwischen Arroganz und
Selbstbewußtsein nur ein schmaler Grat verläuft, kommt
für ihn somit erst das Vergnügen und dann die Arbeit,
als die verängstigte Kellnerin Mallory Zuflucht an seiner
schützenden Schulter sucht. Doch als er ihren Fall zu klären
versucht und mit pochenden Lenden bald alle Rationalität
vergißt, wird er unversehens in einen kriminellen Sturm
gerissen, der nicht nur seine Reputation wegfegen könnte,
sondern auch Leib und Wohl seiner beiden Kinder bedroht...
Branagh, der für den Part wochenlang einen beachtlichen
Südstaaten-Akzent erlernte, merkt über seine Figur
an: "Magruder besitzt eine interessante, moralische Ambivalenz
und es war reizvoll, in diesem Graubereich zu arbeiten. Hier
haben wir diesen erfolgreichen und guten Rechtsanwalt, immerhin
mit einer gewissen Ehrenhaftigkeit, der ans Gewinnen gewöhnt
ist und nun wegen seiner obsessiven Liebe zu Mallory völlig
vom Weg abkommt. Er muß im Verlauf des Plots eine Menge
lernen und hinnehmen. Nicht zuletzt die frustrierende Ablehnung
durch Behörden, als das Leben seiner Kinder bedroht wird
- nachdem er seine Karriere darauf gebaut hat, außerhalb
des Systems zu arbeiten und dessen Bedienstete in Gerichtsprozessen
zu entblößen."
Kenneth Branagh kam am 10. Dezember 1960 im nordirischen Belfast
zur Welt und wuchs im britischen Reading auf. Sein Schauspielstudium
absolvierte er an der berühmten Royal Academy of Dramatic
Art und bereits 1982, knappe sechs Wochen nach seinem RADA-Abschluß,
gab er in London sein professionelles Bühnendebüt in
Julian Mitchells "Another Country", wofür er von
der Society of West End Theatres den Preis als vielversprechendster
Newcomer erhielt. Die Juroren hatten ein gutes Auge. Nach nicht
minder erfolgreichen Engagements in Tennysons "Maude in
the Madness" sowie in Julian Mitchells "Francis"
schloß sich Branagh 1984 der Royal Shakespeare Company
an, um dort innerhalb eines Jahres die Titelrolle in "Henry
V", den König von Navarra in "Love's Labor
Lost" und den Laertes in "Hamlet" zu
verkörpern.
Mit unbändigem Ehrgeiz, der Branagh schon früh den
Ruf des Allround-Talentes mit dezentem Hang zur Kontrollsucht
einbrachte, eroberte er im Folgejahr weitere kreative Bereiche
des Theaterbetriebes und lieferte einen Vorgeschmack auf sein
vielfältiges Wirken im Filmbiz. So schrieb er das Stück
"Tell Me Honestly" und spielte am Donmar Warehouse
Theatre auch die Hauptrolle, gefolgt von seiner "Romeo und
Julia"-Inszenierung am Lyric Theatre. 1987 machte sich Branagh
gemeinsam mit dem Schauspieler David Parfitt selbständig
und schuf die Renaissance Theatre Company. Deren erste Inszenierung
stammte auch aus seiner Feder und hieß "Public Enemy",
abgelöst von "Twelfth Night", des Mimen nächster
Inszenierung aus dem Klassiker-Repertoire. Weiterhin brachte
er John Sessions Stücke "The Life of Napoleon"
sowie "Napoleon, the American Story" auf die britische
Bühne. Und so pragmatisch wie unbescheiden schrieb Branagh
mit 28 seine (erste?) Autobiographie "Beginnings",
um Gelder für die Renaissance-Truppe zu erzielen.
In der zweiten Saison lud Branagh vornehmlich Gastregisseure.
Die frischgebackene Golden Globe-Gewinnerin Judi Dench führte
ihn als Benedick in "Viel Lärm um nichts", Geraldine
McEwan dirigierte sein Spiel des Touchstone in "As You Like
It" und Derek Jacobi inszenierte Hamlet mit Branagh in der
Titelrolle. Es folgten die Renaissance-Produktionen von John
Osbornes "Look Back in Anger" (später mit Branagh
und Emma Thompson fürs Brit-TV verfilmt), "King Lear",
"A Midsummer Night's Dream" und "Uncle Vanya".
Und seine vorerst letzten Bühnenauftritte als Star und Regisseur
hatte Branagh 1992 in "Coriolanus" sowie ein Jahr später
in der Royal Shakespeare Company-Adaption von "Hamlet";
beide Stücke brachen Rekorde an der britischen Theaterkasse.
Zu Branaghs TV-Credits gehören Parts in "To the
Lighthouse", "Maybury", "Derek", "The
Boy in the Bush", "Ghosts", "Coming
Throngh", "Strange Interlude", "The Lady's
Not For Burning", "The Shadow of a Gunman"
plus die preisgekrönte BBC-Miniserie "Fortunes
of War".
Fürs Radio brachte der womöglich reinkarnierte Barde
den gebannten Audienzen seines Lieblingsdramaturgen Stücke
"Hamlet", "Romeo und Julia" und "King
Lear" (mit Sir John Gielgud) zu Gehör. Und als er 1993
vom britischen Filminstitut den BAFTA Michael Balcon Award für
außergewöhnliche Beiträge zum Kino erhielt, war
seine Omnipräsenz natürlich auch längst in der
Filmbranche manifest.
Hier begann seine Erfolgsgeschichte mit der wuchtigen, naturalistischen
Verfilmung von "Henry V", wofür er neben
Oscar-Nominierungen als Regisseur und Hauptdarsteller sowie zwei
Felix-Statuetten auch Regie-Preise vom National Board of Review,
der BAFTA und von den New Yorker Filmkritikern erhielt. Es folgten
sein Thriller "Dead Again" mit Emma Thompson
und Andy Garcia in weiteren Rollen sowie mit "Peter's
Friends" die kontinentale Antwort auf Kasdans "Der
große Frust". Sein Kurzfilm "Swan Song"
mit Gielgud und Richard Briers erhielt danach eine neuerliche
Oscar-Nominierung. Und mit der temperamentvollen Adaption von
"Viel Lärm um nichts" und einem eklektischen
Ensemble inszenierte er die profitabelste Shakespeare-Verfilmung
seit Jahrzehnten.
Weniger Grund zum Lachen boten danach seine blitzende und donnernde
Lesart von "Mary Shelley's Frankenstein"
mit DeNiro und die unterproduzierte Comedy-Fingerübung
"Ein Winternachtstraum", die gleichwohl den Osello
d'Oro beim 95er Venedig-Festival abstaubte. Zuletzt schuf Branagh
als Produzent, Hauptdarsteller und - bei Nutzung von Shakespeares
Originaltext ironischerweise oscarnominierter Drehbuchautor die
Fassung von "Hamlet", in der unter anderem
Kate Winslet und Charlton Heston seine Zuspieler waren. Und was
sich mit THE GINGERBREAD MAN schon andeutet, wird im fortschreitenden
Kinojahr 1998 erst recht Bestand haben.
Zunehmend agiert Branagh derzeit unter der Regie namhafter Filmemacher;
so wird er in den neuen Arbeiten von Woody Allen und Danny Boyle
neben seiner Muse Helena Bonham-Carter in der BBC-Produktion
"The Theory of Flight" sowie neben Madeleine
Stowe und William Hurt als schicksalsgebeutelter Priester in
dem Melodram "The Proposition" zu sehen sein.
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