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Sleepers

Die Besserungsanstalten

Willy starb auf dem Weg ins Krankenhaus


Die Besserungsanstalt, die Lorenzo Carcaterra in seinem Roman in "Wilkinson Home for Boys" umbenannte, war eine von zwölf solcher Einrichtungen in New York. Von außen wirkten die meist feudalen Gebäude mit ihren begrünten Grundstücken wie exclusive Privatschulen, aber die jungen Insassen, die hinter den prachtvollen Mauern saßen, wußten es besser.

Szene "Während der Recherchen zu unserem Film fanden wir heraus, daß der von Lorenzo beschriebene Anstalts-Horror in Wilkinson kein Einzelfall gewesen ist", erzählt Barry Levinson. "Unsere Nachforschungen ergaben, daß es landesweit in Heimen dieser Art dutzende sexueller Vergehen an Jugendlichen gegeben hatte." In den sechziger und siebziger Jahren enthüllten Zeitungen in Philadelphia mehr als 200 Fälle von sexuellem Mißbrauch an Minderjährigen in Erwachsenengefängnissen.

Berichtet wurde außerdem von Vergewaltigungen im Wagen des Sheriffs auf dem Weg zum Jugendgericht. Im US-Bundesstaat Arkansas war es Gang und Gebe, Jugendliche einzuschüchtern, indem man sie für einen Tag in ein Gefängnis für Erwachsene sperrte. Die Reporter deckten zahlreiche Mißbrauchvergehen dort auf.

Einer davon endete tödlich: Der 15jährige Willy Stewart, der 24 Stunden im Cummins Gefängnis absitzen sollte, wurde von den Wärtern wie ein Tier vor ihrem Auto hergejagt, beschossen, zu 30 Minuten Liegestütz gezwungen und mit dem Kopf in ein Wasserbecken getaucht. Als er schließlich zusammenbrach, ließen ihn seine Peiniger liegen, weil sie dachten, er würde nur simulieren. Willy starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Seiner Mutter gegenüber wurde als Todesursache eine Lebensmittelvergiftung angegeben.

Szene In den frühen siebziger Jahren wurde den Betreibern des Montgomery County Family Court in Alabama der Prozeß gemacht. Die Anklage lautete auf sexuelle Belästigung, Verprügelung und Folter von Kindern durch das Personal. Desweiteren wurden die Angeklagten beschuldigt, die Kinder als billige Arbeitskräfte an die umliegenden Farmen abgegeben zu haben.

Zur gleichen Zeit, 1971 und 1972, publizierte die angesehene John Howard Association, die vehement für eine Reform des Strafvollzugs eintrat, eine Studie über das Audy Heim in Chicago, die einem Horror-Szenario gleichkam. Das Dokument berichtete über Prügel, sexuelle Belästigung und Vergewaltigungen von Jungen durch die Wärter, sowie über grausame Bestrafungen, wie das Trinken aus Toiletten und das Anketten unter freiem Himmel bei extremer Kälte.

Der Prozeß Morales gegen Turman führte 1973 zu einem Urteil gegen das Texas Youth Council, das in sieben Anstalten Prügelstrafen, wochenlange Einzelhaft und Tränengasattacken gegen die jungen Gefangenen zu verantworten hatte. Die unmenschliche Behandlung der Jugendlichen wurde als Verstoß gegen den Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verurteilt, nach dem "(...) grausame oder ungewöhnliche Strafen nicht verhängt werden" dürfen.

Drei Jahre später erging ein weiteres Urteil im Verfahren Pena gegen die New York State Division for Youth. Gegenstand der Verhandlung waren die Vorfälle in Goshen Annex, einer Einrichtung des New Yorker Berufsschulsystems: Die Jungs dort wurden aufgrund von Bagatellvergehen in Isolationshaft gesteckt, geschlagen, tagelang ohne Nahrung gelassen oder ohne ihr Einverständnis mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt.

Das Gericht konstatierte Verletzungen des 8. und 14. Zusatzartikels der US- Verfassung. In dem Verfahren Morgan gegen Sproat wurden 1977 die Leiter der Oakley Training School (OTS), einer staatlichen Einrichtung für straffällig gewordene Jungen in Mississippi, wegen der unhaltbaren Zustände in der Schule und unverhältnismäßig harter Bestrafung der Schüler zur Rechenschaft gezogen.

"Dieser Film ist keine Pauschal-Anklage gegen das amerikanische Strafvollzugssystem", schränkt Barry Levinson abschließend ein. "Er stellt aber sehr wohl die unkontrollierte Macht in Frage, die manche Leute haben und in vielen Fällen ausnutzen - ob in Jugendgefängnissen, psychiatrischen Anstalten oder Altersheimen. "


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