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Das Experiment
Moritz Bleibtreu
als Tarek Fahd
"Tarek ist ein Journalist, der in erster Linie daran interessiert
ist, aus dieser Geschichte eine gute Story zu machen. Also geht
er mit dem Hintergedanken in das Experiment, das Ganze ein bisschen
aufzumischen, zur Eskalation zu bringen. Er ist der Aufrührer,
der Anzettler, der irgendwann merkt, dass sich das Ganze verselbständigt."
(Moritz Bleibtreu über seine Rolle)
Gerade mal fünf Jahre ist es her, dass Moritz Bleibtreu (Foto: 2.v.r.)
als hübscher aber nicht allzu heller Liebhaber von Kai Wiesinger
in Rainer Kaufmans Überraschungshit Stadtgespräch
von sich reden machte. Inzwischen gehört er längst
zu den gefragtesten Stars des deutschen Kinos.
Von der Schule verabschiedete sich Moritz Bleibtreu in der elften
Klasse und kam über Umwege nach Amerika, wo er Schauspielunterricht
nahm. Er begann seine Karriere mit 21 Jahren am Schauspielhaus
in Hamburg, sowie mit kleineren Fernsehproduktionen.
Auf die kleine aber prägnante Rolle als verschusselter
Kleingangster Abdul in Knockin' on Heaven's Door folgte
der endgültige Durchbruch mit Tom Tykwers Kultfilm Lola
Rennt, in dem er hilflos verzweifelt darauf wartet, dass
seine rothaarige, energiestrotzende Freundin ihm aus der Patsche
hilft.
[vorn, mit Edgar Selge als Prof. Thon]
Für Detlef Buck spielte er in Liebe Deine Nächste
einen skrupellosen Firmensanierer, der sich von einer kleinen
Landpomeranze von der Heilsarmee betören lässt. In
Luna Papa stellte er erneut seine Wandlungsfähigkeit
unter Beweis - als kriegsversehrter und geistig behinderter Tadschike,
der sich ohne Worte nur mit Lauten behauptete. In Fandango
musste er die Empfindsamkeit seiner Augen schon hinter einer
dunklen Sonnenbrille verstecken, um einen zynischen Szene-Discjockey
zu spielen, und in Fatih Akins Im Juli durfte er als
liebeskranker Lehrer noch einmal die romantischen Seiten zeigen,
die immer wieder auch in seiner Rolle im Experiment
durchscheinen.
Interview mit Moritz Bleibtreu
*** Wie war Ihre erste spontane Reaktion, als Sie von dem Projekt
erfahren haben?
Mir war sehr schnell klar, dass das ein aufregendes Projekt
ist. Es ist wichig, dass man die Verantwortung nicht an jemanden
abgibt, der in einem weißen Kittel oder in einer Uniform
vor einem steht. Außerdem hatten Oliver und ich schon länger
vor, mal etwas zusammen zu machen.
*** Das Buch und der Film basieren auf einem Experiment, das
in den siebziger Jahren wirklich stattgefunden hat und von dem
es auch Videomaterial gibt. Haben Sie sich das angeschaut?
Nein, ich bin der Meinung, dass das, was wir hier gemacht haben,
ein Kinofilm ist. Sicherlich, wir erzählen etwas, das auf
einer wahren Begebenheit beruht. Dennoch ist es durch die Verfilmung
eine Geschichte, die ihre eigenen Gesetze hat. Ich finde es besser,
wenn sich das selbst entwickeln kann.
*** Was halten Sie von solchen Experimenten zur Verhaltensforschung?
Es ist sicher interessant und spannend und bringt überraschende
Erkenntnisse darüber, zu welch extremem Verhalten scheinbar
moralisch gefestigte Menschen fähig sind. Aber es ist natürlich
entscheidend, rechtzeitig abzubrechen, bevor die Ereignisse außer
Kontrolle geraten.
*** Sie haben wochenlang mit denselben Schauspielern in dieser
sehr beklemmenden Atmosphäre auf engem Raum gedreht. Wie
haben Sie das empfunden?
Mir ist das nie aufgefallen. Wenn man einen Tag an der Tankstelle
dreht, und am nächsten in einem Bürohaus, dann nimmt
man die Veränderung wahr. Wenn man dagegen jeden Tag an
derselben Location ist, verliert man das Zeitgefühl. Natürlich
war es ziemlich eng und nicht sehr gemütlich da unten. Die
meisten Leute gehen gerade mal in den Keller, um sich eine Flasche
Wein zu holen und bleiben da zwei Minuten. Wir waren dagegen
bis zu 14 Stunden am Tag da unten. Da ist man schon dankbar,
wenn man mal wieder die Sonne sehen kann. Zum Ende hin - wir
haben ja nahezu chronologisch gedreht - wurde es immer brutaler
und ernster und unangenehmer. Da reißt man dann schon mal
ein paar blöde Witze, um nicht zu sehr darunter zu leiden.
*** Wie wichtig ist für Sie die Liebesgeschichte als Gegengewicht
zu dieser harten Männerwelt?
Sehr wichtig, denn für den Tarek kommt viel zusammen: Wahrscheinlich
ist es das erste Mal, dass er sich wirklich verliebt, das nagt
gehörig an ihm, hilft ihm aber auch, das Experiment durchzustehen.
Wenn er Dora in dieser schicksalhaften Nacht nicht begegnet wäre,
dann wäre alles sicher ganz anders gelaufen. Sie konfrontiert
ihn ja auch immer wieder mit der Möglichkeit zu gehen.
*** Nach dem Autounfall, durch den die beiden sich kennen lernen,
sagt Tarek "Es gibt keine Zufälle." Ist das auch
Ihre Meinung?
Nicht ganz. Es gibt Zufälle, aber ich glaube, dass jeder
Mensch sein Leben weitgehend selbst in der Hand hat. Alles, was
einem zustößt, hat immer auch damit zu tun, wie man
sein Leben lebt.
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