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Die Stille nach dem Schuss

Szene

Hintergrund

Der Baader Meinhof Komplex, die RAF, die Bewegung des 2. Juni und die STASI-Konnektion

Rechtsanwalt Otto Schily im Baader-Meinhof-Prozeß am 28.06.1976 (aus "Der Baader Meinhof Komplex" von Stefan Aust):

"Aus der Tatsache, daß die Gefangenen sich als Revolutionäre bezeichnen, zieht das Gericht die Schlußfolgerung, daß es sagt, wir brauchen uns hier über Rechtfertigungsgründe oder Entschuldigungsgründe überhaupt gar kein Kopfzerbrechen mehr zu machen. Weil ja die Gefangenen sich so bezeichnet haben, haben sie sich selbst außerhalb der Rechtsordnung gestellt, und nun sind sie eigentlich - und das ist der Kern des Beschlusses - vogelfrei. Sie sind mit diesem Beschluß vogelfrei.

Ich finde, es ist notwendig, noch einmal klar zu sagen, um was es geht: Daß mittels militärischer Einrichtungen hier auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland Völkermord vollzogen worden ist. Dieser Frage werden sie nicht ausweichen können...

Vielleicht ist es notwendig, einmal an die Bilder zu erinnern, die hier über das Fernsehen gegangen sind, von den Napalm verbrannten Kindern, um auch sinnlich wahrnehmbar zu haben, um was es geht.

Das sind die gleichen Bilder: das jüdische Kind im Ghetto, das mit erhobenen Händen auf SS-Leute zugeht, und die vietnamesischen Kinder, die schreiend, napalmverbrannt dem Fotografen entgegenlaufen nach den Flächenbombardements. Um diese Frage geht die Beweisaufnahme: Ob man solche Mordaktionen dulden oder verschweigen durfte oder ob es gerechtfertigt war, gegen die Mechanismen und gegen die Apparatur, mit der solche Mordaktionen durchgeführt wurden, vorzugehen. Darum geht es."


Die Anfänge der RAF reichen zurück in die Zeit des Vietnam-Krieges und der Studentenproteste. Die ersten Anschläge auf Kaufhäuser verübten Gudrun Ensslin und Andreas Baader mit selbstgebastelten Brandsätzen am 2.4.1968 als "politischen Racheakt" gegen die Napalmbombardements in Vietnam. Bereits am nächsten Tag werden die Brandstifter verhaftet, nach zweiwöchigem Prozess im Oktober 1968 zu drei Jahren Haft verurteilt und nach einem halben Jahr bis zum Entscheid über die Revision ihrer Urteile entlassen.

Als die Revision im November 1969 abgelehnt wird, tauchen Gudrun Ensslin und Andreas Baader zunächst in Frankreich, später in Italien unter. Im Januar 1970 kehren sie nach Berlin zurück, wo Baader im April verhaftet wird. Nach einem Monat Untersuchungshaft wird er von einem Kommando um Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin befreit, wobei ein Unbeteiligter erschossen wird. Die Befreiungsaktion kann als Geburtsstunde der RAF betrachtet werden. Mit Unterstützung der El Fatah setzen sich die Beteiligten über Ost-Berlin nach Jordanien ab und absolvieren eine militärische Ausbildung in einem Camp der Palästinenser.

Am 1.2.1971 nimmt die "Sonderkommission Terrorismus" ihre Arbeit auf, die mit Astrid Prolls Verhaftung im Mai ihren ersten großen Erfolg erzielt. Bei einer Fahndungsaktion in Norddeutschland wird Petra Schelm erschossen. Das Bundeskriminalamt (BKA), bisher Dokumentationsstelle, übernimmt die Terrorismus-Bekämpfung und setzt modernste Technologien zur Fahndung ein. Georg von Rauch wird bei einer Großfahndungsaktion in Berlin erschossen. Die RAF erbeutet unterdessen bei weiteren Banküberfällen fast eine halbe Mio. Mark und organisiert konspirative Wohnungen, Waffen und ein Netz von Kontakten.

Im Mai 1972 folgt eine Reihe von Bombenanschlägen auf Einrichtungen der deutschen US-Armee, der Polizei, der Justiz und auf den Springer-Verlag. Die Bilanz: vier Tote und fast 40 zum Teil schwer Verletzte. Daraufhin beginnt die größte Fahndungsaktion in der Geschichte der BRD, in deren Verlauf neun RAF-Mitglieder verhaftet werden, darunter Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin.

Mit einem zweimonatigen Hungerstreik erzwingen die Inhaftierten Ende 1972 Haftverbesserungen. Als die Zusagen der Bundesanwaltschaft nicht eingehalten werden, treten die Gefangenen im Frühjahr 1973 erneut in Hungerstreik, der tatsächlich leichte Haftverbesserungen bringt.

Nach der Verhaftung von weiteren RAF-Mitgliedern beginnt im August 1974 der dritte Hungerstreik, in dessen Verlauf Holger Meins trotz Zwangsernährung stirbt. Am Tag darauf wird Günter von Drenkmann, Berlins höchster Richter, erschossen.

Ende Februar wird der CDU-Politiker Peter Lorenz durch die Berliner Stadtguerilla-Gruppe "Bewegung 2. Juni" entführt und im März gegen inhaftierte Mitglieder ausgetauscht. Im April soll die Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm die Freilassung der verbliebenen 26 RAF-Häftlinge bewirken. Zwei Geiseln werden erschossen; bei der Erstürmung durch die Polizei wird ein Besetzer getötet, weitere Personen schwer verletzt.

Im Mai 1975 beginnt der Prozess gegen die Stammheim-Insassen, die im September für verhandlungsunfähig erklärt werden und nur noch selten im Gerichtssaal erscheinen. Immer stärker zeigen sich Differenzen zwischen Ulrike Meinhof und den anderen RAF-Häftlingen.

Am 9. Mai 1976 wird Ulrike Meinhof erhängt in ihrer Zelle aufgefunden. Das Obduktionsergebnis: Selbstmord.

Im April 1977 ermordet die RAF Generalbundesanwalt Siegfried Buback und die Mitfahrer in seinem Dienstwagen. Im gleichen Monat werden Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe nach fast zweijährigem Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt.

Bankier Jürgen Ponto wird im Juli bei einem Entführungsversuch von Susanne Mohnhaupt erschossen.

Im September wird Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer in Köln entführt, um die RAF-Häftlinge frei zu pressen. Sein Fahrer und drei Polizisten werden dabei getötet - der "Deutsche Herbst" beginnt.

Im Oktober entführen libanesische Terroristen die Lufthansamaschine "Landshut". Sie unterstützen die Forderungen der Schleyer-Kidnapper und verlangen zudem die Freilassung zweier Palästinenser sowie ein Lösegeld. Der Pilot wird von den Geiselnehmern getötet; nachts stürmt die GSG9 die "Landshut", wobei drei Terroristen erschossen werden. Am Morgen danach werden Jan-Carl Raspe, Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot aufgefunden. Irmgard Möller, die mehrere Stichwunden in der Herzgegend überlebt, bestreitet den Selbstmord. Am Tag darauf wird die Exekution Schleyers von den Entführern bekannt gegeben.

Die Aktivitäten der RAF in den nächsten Jahren beschränken sich auf Banküberfälle; es kommt zu Schießereien mit Grenzbeamten und Polizisten. Einige Mitglieder werden verhaftet, Aussteiger setzen sich in die DDR ab, wo sie neue Identitäten erhalten.

Nach dem Fall der Mauer im November 1989 kann die DDR die ehemaligen RAF-Mitglieder, die sich dort eine bürgerliche Existenz aufgebaut haben, nicht mehr schützen. Am 6.6.1990 wird Susanne Albrecht verhaftet; im selben Monat folgen u.a. die Festnahmen von Inge Viett, Werner Lotze, Christine Dümlein, Sigrid Sternebeck und Silke Meier-Witt.

1991 wird bei der Festnahme von Birgit Hogefeld in Bad Kleinen Wolfgang Grams unter bislang ungeklärten Umständen von GSG 9-Beamten erschossen.

Am 20.4.1998 gibt die RAF nach einem Vierteljahrhundert bewaffneten Kampfes in einem achtseitigen Schreiben ihre Selbst-Auflösung bekannt.




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