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The Cell
Produktionsnotizen
"Versetzen Sie sich in die Rolle des Jägers. Das ist
es, was wir tun müssen... Es ist nicht immer leicht, und
es ist niemals ein Vergnügen, in die Schuhe dieser Typen
zu schlüpfen - oder eben in ihren Kopf. Aber das ist es
nun mal, was ich und meine Leute tun müssen."
[aus "Mindhunter" von John Douglas,
ehemaliger Serienkiller-Spezialist des FBI]
Der Alptraum beginnt
Die besten Science-Fiction-Thriller der letzten Zeit haben versucht,
die schlimmsten menschlichen Ängste zu erforschen, indem
sie sich thematisch in die Psychologie der Serienkiller-Forschung
vorwagten. The Cell geht noch weiter: Die Geschichte
führt direkt in die alptraumhafte Geisteswelt eines Killers,
mit all ihren verstörenden Bildern und ihren schrecklichen
Geheimnissen, die ihren virtuellen Besucher vielleicht niemals
mehr loslassen.
Die Idee zu dem Film begann sich herauszubilden, als der Drehbuchautor
Mark Protosevich seine Leidenschaft für zwei wissenschaftliche
Randgebiete entdeckte: die Psychologie von Serienkillern und
die Traumforschung mit ihrer bisweilen unorthodoxen Methodik,
die Geheimnisse der menschlichen Seele zu entschlüsseln.
Protosevich fragte sich, wie wohl die Traumwelt und die Phantasien
von Serienkillern aussehen würden - und ihm wurde klar,
dass er sich da auf einem im Kino noch völlig unerforschten
Gebiet befand. "Ich wollte", sagt Protosevich, "mein
Interesse an Alpträumen und Phantasien in eine ganz neue
Art von Serienkiller-Story einfließen lassen, mit der ich
über Das Schweigen der Lämmer hinausgehen
würde. Ich wollte nicht nur in die Gedanken eines Killers
eintauchen, sondern in seine Phantasie. Mir war klar, dass das
eine ziemlich erschreckende Erfahrung sein würde, weil Phantasien
so viel komplexer und wilder sind als unser tatsächliches
Alltagsleben."
Beim Schreiben des Drehbuchs vermischte Protosevich dann wissenschaftliche
Fakten mit Fiktion. Als erstes schuf er ein Forschungslabor,
in dem Experimente mit "Neurologischer Kartographie"
und einem "Synaptischen Transfersystem" gemacht wurden:
eine Art Expedition ins menschliche Gehirn, durch die, bei gleichzeitiger
Verabreichung psychotroper Drogen, ein Therapeut in den Geist
eines anderen Menschen eintreten kann. Protosevichs Technik führte
so die existierende Hirnforschung weiter, die es heute bereits
erlaubt, mittels Elektroden ein Gehirn so zu "vermessen",
dass die genaue Lage von Bereichen, in denen z. B. Gefühlsregungen
oder Körperbefehle entstehen, bestimmt werden kann.
Protosevichs Erfindung weckte die Aufmerksamkeit des jungen
Werbefilm-Regisseurs Tarsem, der nach einem Drehbuch für
sein Kinodebüt suchte, das ihm genügend Raum für
seine visuelle Ausdruckskraft geben konnte. In Tarsems Commercials
und Videoclips waren schon schwimmende Elefanten zu sehen, Marmor-Engel
erwachten zum Leben, und Regentropfen entwickelten ein geheimnisvolles
Eigenleben. Er wurde mit atemberaubenden, ja schockierenden Bildern
bekannt, doch noch war ihm kein Skript untergekommen, dass seine
Phantasie so anregte wie dieses.
"Die visuellen Möglichkeiten, die in The Cell
steckten, waren das erste, was mir ins Auge sprang", erinnert
sich der Regisseur. "Die Idee weckte meine grenzenlose Phantasie.
Das war wie eine leere Leinwand, auf der ich malen konnte. Ich
sah in der Geschichte von Anfang an eine Oper - eine wilde, dramatische
Reise, in deren Mittelpunkt nun eben ein Serienkiller stand.
Ich wusste, das würde ein Trip werden, der den Zuschauer
geradewegs aus der Alltagsrealität hinauskatapultieren würde."
Sobald Tarsem für die Regie zusagte, war allen an dem Projekt
Beteiligten klar, dass der Film in eine komplett neue Richtung
gehen würde. Dies würde ein Thriller werden, der mit
allen Regeln des Genres brechen würde. "Tarsem steckt
voller unglaublicher Überraschungen", sagt Produzent
Julio Caro. "Er nimmt den Zuschauer mit auf eine intensive,
aufregende und beunruhigende Erfahrung und bringt ihn an einen
Ort, wo noch niemand zuvor war."
Zellen-Genossen: Die Schauspieler
Die Rolle der Therapeutin Catherine Deane besetzten die Filmemacher
mit Latina-Star Jennifer Lopez, die gerade als abgebrühte
Polizistin neben George Clooney mit Out of Sight einen
Riesenhit gelandet hatte.
Tarsem gefiel ihre Mischung aus Erdverbundenheit und Verletzlichkeit,
die die Filmfigur gut charakterisierten - und er war äußerst
angetan von Lopez' Bereitschaft, Risiken einzugehen und mit der
Rolle zu experimentieren. "Sie hat mit vertraut und ist
vor keiner Herausforderung zurückgeschreckt", sagt
der Regisseur.
Lopez selbst fühlte sich sofort in ihrer Rolle wohl. "Mir
gefiel es, wie sie mit ihren Patienten leidet und welch enormes
Mitgefühl sie aufbringt", sagt sie. "Was Chaterine
tut, erinnert mich in gewisser Hinsicht an unsere Arbeit als
Schauspieler: Wir schlüpfen ja auch in die Haut eines anderen
Menschen, sehen durch dessen Augen und fühlen, was er durchmacht.
Nur dass Catherine in den Menschen stets das Gute sucht - und
das auch in diesem Monster finden muss, das anderen die furchtbarsten
Dinge antut."
Auch die Prämisse, dass sie in der Geschichte buchstäblich
den Geist eines anderen Menschen betreten konnte, gefiel Lopez.
"Ich fand es toll", sagt sie, "dass der Film sämtliche
Bewusstseinsebenen überschreitet und direkt in die Welt
des Unbewussten geht. Mich haben Träume schon immer fasziniert,
und wenn man, wie hier, in eine völlig eigene Traumwelt
reisen kann, gibt einem das auf künstlerischem Gebiet völlige
Freiheit. Vom Visuellen und Kreativen her gab es für uns
keine Grenzen. Ich konnte vollkommen ins Reich des Surrealen
eintauchen."
Ähnlich ging es Vincent D'Onofrio, der in der Rolle des
ebenso einfallsreichen wie wahnsinnigen Serienkillers Stargher
eine komplexe und vielschichtige Charakterstudie gibt. "Ich
war wirklich nicht daran interessiert, irgendeinen Serienkiller-Film
zu machen, weil es da schon so viele gute gibt", sagt D'Onofrio.
"Aber als ich Tarsem getroffen und er mir seine Ideen dargelegt
hatte, war meine Neugier geweckt."
D'Onofrio stürzte sich in seine Recherchen zu abnormaler
Psychologie, besorgte sich Video-Dokumentationen über Geisteskranke
und Psychopathen und besuchte sogar Vorlesungen über das
Funktionieren des kriminellen Verstandes. "Ich rede nicht
gerne über die Dinge, auf die ich bei meinen Recherchen
gestoßen bin", sagt er. "Das meiste davon ist
nicht besonders appetitlich. Aber ich habe begriffen, dass Carl
Stargher unter einer sexuellen Störung leidet und besessen
ist vom Tod und von der Macht über andere. Er denkt nicht
in den Kategorien von Liebe oder Hass. Seine moralische Grundordnung
ist vollkommen anders als unsere. Er ist, wenn man so will, ein
Gefangener seiner selbst. Sein Hirn sitzt in einer Art Isolationszelle."
Ein Killer, der aus fünf Persönlichkeiten
besteht
Neben dem Menschen Carl Stargher spielte D'Onofrio auch die
vielen Alter-egos des Killers, die er in seiner Phantasie annimmt.
"Stargher hat verschiedene Persönlichkeitsbilder von
sich", erklärt er. "Er besteht aus fünf Alter-egos,
die ihn zu seinen Taten treiben und die Ausdruck seiner Schizophrenie
sind. Wenn Catherine in Starghers Geist eintritt, muss sie sich
mit allen fünfen herumschlagen. Die Herausforderung für
mich bestand entsprechend darin, jede einzelne dieser Persönlichkeiten
anders darzustellen und sie dennoch mit seinem Gesamtcharakter
zu verknüpfen."
Neben den darstellerischen Herausforderungen musste D'Onofrio
auch die enormen körperlichen Anstrengungen meistern, denen
er sich in seiner fünfgeteilten Rolle unterwarf. Tarsem
erinnert sich: "Wenn er in die Haut Starghers geschlüpft
war, konnte ihn nichts mehr zurückhalten. Vincent D'Onofrio
ist das, was wir einen ,Actor's actor' nennen: Er musste kein
einziges Wort sagen, um zu Carl Stargher zu werden. Er machte
das alles mit seiner Körpersprache. Von dem Moment an, wo
er seine Perücke aufsetzte, wurde er zu einem extrem unheimlichen
Typen. Ich weiß noch, wie ich neben ihm stand und mich
tatsächlich körperlich bedroht fühlte."
Auch der FBI-Agent Peter Novak, gespielt von Vince Vaughn, findet
sich im Film schließlich inmitten von Starghers bizarrer
Innenwelt wieder. "Vince machte Novak zu einer ganz anderen
Persönlichkeit als wir gedacht hatten", sagt Tarsem.
"Er spielt ihn eher wie eine Art 70er-Jahre-Held à
la Clint Eastwood - einen Typen, der seinen eigenen Gesetzen
folgt."
Vaughn selbst sah seine Figur "als jemanden, der vollkommen
von seiner Aufgabe besessen ist. Er muss dieses vermisste Mädchen
finden, und um sein Ziel zu erreichen, tut er alles, selbst wenn
es etwas so Verrücktes ist, wie mittels einer Gehirnsonde
in den Geist eines anderen zu reisen."
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