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Mädchen an die Macht!

Koedukation


Szene

Warum die Koedukation alte Geschlechter- und Rollenklischees verfestigt.

"Mir ging es am Anfang ganz schlecht, als meine Mutter mich in dieser Schule unterbrachte, wo es keine Jungs gab - die für mich eine große Ablenkung bedeuteten - man mußte vor allem gut aussehen und beliebt sein, sonst war man ein Niemand.

Aber erst als ich von diesen Jungen weg war, konnte ich mein Selbst entfalten. Ohne diese Mädchenschule wäre ich nicht die Person, die ich heute bin. Ich hatte immer vor, einmal aufzuarbeiten, was an diesem Ort eigentlich so Besonderes war." (Sarah Kernochan)

War die Einführung der koedukativen Schule, die Jungen und Mädchen gemeinsam ausbildet, womöglich der größte bildungspolitische Fehler der Nachkriegszeit? Solche und ähnliche Fragen stellt man sich heute in Amerika und in Europa, zunehmend auch bei uns in Deutschland. Modellversuche haben inzwischen überall ergeben, daß getrennte Geschlechter in der Schule zu besseren Bildungsergebnissen führen - bei Jungen und Mädchen. Dabei hat sich auch gezeigt, daß Jungen und Mädchen in bestimmten Phasen und Fächern getrennt unterrichtet werden sollten. Als Ziel steht dahinter, daß Jungen und Mädchen endlich die gleichen Chancen bekommen sollen. Lernen Mädchen vielleicht sogar besser als Jungs? Wenn ja, warum?

Untersuchungen haben wiederholt ergeben, daß die Koedukation nicht zu mehr Gleichheit führt, sondern daß sie alteingefahrene Rollenklischees zementiert. Jungen bestimmen in gemischten Klassen das Unterrichtsgeschehen. Sie reden öfter und länger als Mädchen, unterbrechen häufiger, kanzeln die Beiträge der Mädchen ab und rufen eher in die Klasse. Wenn sie sich melden, kommen sie auch schneller dran.

Lehrer und Lehrerinnen fördern dieses Rollenverhalten, indem sie ihren männlichen Schülern mehr Aufmerksamkeit schenken. Wenn Lehrer in einer Unterrichtsstunde Mädchen und Jungen gleich lang zu Wort kommen ließen, hätten Jungen und Lehrer anschließend den Eindruck, die Mädchen seien "wahnsinnig oft drangekommen". Die Rollenvorstellungen sind so fest verankert, daß selbst die Lehrer selbst es nicht merken. Jungen werden deshalb von Lehrern oft für intelligent gehalten, Mädchen hingegen für fleißig und ordentlich.

Die Mädchen werden durch die Dominanz der Jungen in ihre traditionelle Rolle gedrängt, was nicht nur Auswirkungen auf ihr Selbstbild, ihr Selbstwertgefühl und auf ihre eigene Leistungsfähigkeit hat, sondern auch auf ihre Interessenentwicklung und Lebensorientierung.

Obwohl Mädchen inzwischen gleichwertige, wenn nicht sogar bessere Abschlüsse erreichen würden, entscheiden sie sich - und zwar verstärkt Absolventinnen von koedukativen Schulen - in der Studien- und Berufswahl für typische Frauendomänen, während Jungen ein wesentlich breiteres Spektrum wahrnehmen.

Ein altes Problem sind die naturwissenschaftlichen Fächer. Immer noch interessieren sich Mädchen mehr für Sprachen, die Künste und Biologie. Beobachtungen zeigen, daß Mädchen bis zur Pubertät gute Leistungen in den Naturwissenschaften erbringen, daß aber danach die Ansicht vorherrsche, daß es unweiblich sei, gut in den Naturwissenschaften zu sein. Mädchen lassen sich in Fächern wie Mathematik oder Physik schnell von den aggressiveren und vermeintlich besser begabten Jungen entmutigen.Vielfach leben die alten Macker- und Miezenklischees fort, als habe es noch nie eine Emanzipationsdebatte gegeben.

Forschungsergebnisse besagen: Das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern hängt hauptsächlich vom Selbstvertrauen in die eigene Leistungskompetenz ab. Insofern ist die Stärkung in die eigene Fachkompetenz eine wesentliche Komponente bei der Förderung von Mädchen in naturwissenschaftlichen Fächern.

Studien belegen, daß Mädchen in den Naturwissenschaften nur dann schlechter abschneiden, wenn die Lehrer sie kennen. Sobald die Pädagogen nicht wissen, ob sie die Klassenarbeit von einem Jungen oder Mädchen korrigieren, steigen die Noten der weiblichen Teilnehmer merklich an. Absolventinnen reiner Mädchenschulen entscheiden sich viel häufiger für eine technische Berufswahl als Schülerinnen aus gemischten Klassen.

Trotzdem wollen die Pädagogen nicht zurück zu reinen Mädchen- und Jungenschulen, weil der gemeinsame Unterricht einen unverkrampfteren Umgang mit dem anderen Geschlecht einübt. Die nordrhein-westfälische Kultusministerin Gabriele Behler hat angeregt, Jungen und Mädchen zumindest im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht zu trennen.

Schon vor dreißig Jahren hat der Naturwissenschaftsdidaktiker Martin Wagenschein festgehalten: "Ich habe im Koedukationsunterricht immer die Erfahrung gemacht: Wenn man sich nach den Mädchen richtet, ist es auch für die Jungen richtig, umgekehrt aber nicht."

Wie unterschiedlich sich Jungen und Mädchen entwickeln, beweist eine Untersuchung aus England: "Der typische 13- oder 14jährige Junge hat ein Konzentrationsvermögen bis zu vier oder fünf Minuten, während Mädchen dieser Altersgruppe sich bis zu 13 Minuten konzentrieren können", berichtet ein britischer Experte und fährt fort: "Stellt man den Schülern eine Aufgabe zur Stillbeschäftigung, schalten viele Jungen in wenigen Minuten ab oder reagieren mit Austeilen von Knüffen an den Nachbarn oder anderem Unsinn."

Lehrer machen immer wieder die Beobachtung, daß Mädchen ein ausgeprägteres Sozialverhalten haben, daß sie untereinander mehr reden und sich dadurch gegenseitig fördern. Jungen verfallen dagegen stärker der Faszination von Computerspielen, so daß sie wertvolle Zeit damit vergeuden. Jungen hätten auch mehr Angst davor, als "Streber" beschimpft zu werden. Insgesamt scheinen Mädchen mehr Eigenintitiave zu entfalten und selbständiger zu arbeiten, auch in Gruppen, während Jungen stärker von dem Lehrer geführt werden wollen bis hin zum Blickkontakt.

Die Erklärungen laufen darauf hinaus, daß Töchter bis zu drei Jahren mehr Zuwendung von Seiten ihrer Eltern erhielten, daß sie mehr mit ihnen redeten und die Söhne ignorierten. Hinzu käme noch, daß für Töchter Bücher gekauft würden, für Jungen jedoch eine Sportausrüstung. Letztlich hört sich das so an, als wären in Wirklichkeit die Jungen im Nachteil und nicht die Mädchen.


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