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Plunkett & Macleane
Produktionsnotizen
"Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste,
was es gibt auf der Welt".
Das könnte auch das Motto von Plunkett & Macleane
sein. Jake Scotts Spielfilmregiedebüt ist ein Film über
Kameradschaft und über eine Freundschaft, die durch dick
und dünn geht. Ein richtiges "Buddie -Movie" eben.
Ein "Butch Cassidy und Sundance Kid-Film für die 90er
Jahre", wie Working-Title-Präsident und Produzent Eric
Fellner es ausdrückt: "Uns gefiel die Idee eines historischen
Films, der sich an keine Regeln hält und recht respektlos
mit der damaligen Zeit umgeht. Er kommt als klassischer Kostümfilm
daher, entpuppt sich aber als hochmodernes Action-Abenteuer."
Auch stilistisch hält sich Plunkett & Macleane nicht
an Konventionen. Jake Scott mischt moderne mit klassischen Elementen:
hippe Musik zu alten Gewändern, die historische Geschichte
ist so schnell geschnitten wie ein Video-Clip, die Sprache ist
nicht vornehm höflich und distinguiert, sondern derbe, neuzeitlich
und sehr ironisch.
Plunkett & Macleane erzählt die Geschichte von Will
Plunkett, dem Gauner aus der englischen Unterschicht, und James
Macleane, der zwar auch kriminell, aber ein Hochwohlgeborener
ist. Die beiden lernen sich im Gefängnis kennen und werden
durch ein schicksalhaftes Ereignis aneinandergeschweißt.
Jeder von ihnen hat sein eigenes Ziel: Plunkett, mit seinem Haß
auf das englische Klassensystem, will unbedingt nach Amerika,
Macleane, der Lebemann, möchte endlich wieder in die Upper
Class aufgenommen werden.
"Der Anfang ist dunkel, in einem sehr düsteren Licht
und etwas verstörend für den Zuschauer. Genau wie das
Verhältnis zwischen Will Plunkett und James Macleane."
Sie treffen ein Gentlemen's Agreement, und nutzen die Fähigkeiten
des anderen, um ihr eigenes Ziel zu erreichen.
Am schnellsten, so meinen sie, sei das auf die krumme Tour zu
erreichen. Aber nicht animalisch-brutal, sondern auf die ganz
feine englische Art. Der Gegensatz der beiden Protagonisten macht
den Charme und den Witz des Films aus. Versuchen sie am Anfang
noch, sich wie richtige Kerle gegenseitig auszutricksen, lernen
sie doch sehr schnell, daß sie nur gemeinsam stark und
unverwundbar sind.
Eric Fellner wurde bereits vor sieben Jahren auf das Drehbuch
aufmerksam: "Gary Oldman spielte mir ein paar Szenen aus
einem Script vor, das ihm sehr gefallen hatte. Es handelte von
einem Straßenräuber Mitte des 18.Jahrhunderts, der
sich ungewöhnlich modern und gar nicht der damaligen Zeit
angemessen verhielt. Das Script war einfach anders als jedes
andere Kostümfilmdrehbuch. Es las sich vielmehr wie ein
moderner Abenteuerfilm, und das hat uns sofort gefallen, auch
wenn wir die Originalvorlage noch sehr verändert haben."
Wer führt Regie?
"Der nächste Schritt war, einen Regisseur zu finden,
der genau diesem besonderen Stil, dieser Mischung aus alt und
modern, gerecht werden konnte. Für Eric Fellner erfüllte
Jake Scott genau diese Voraussetzungen. Der Film sollte anders
aussehen als alles, was vorher zu sehen gewesen war, und Jake
schien perfekt für diese Aufgabe. Er kam aus der Werbung,
hatte vorher viele Music-Videos gedreht und war somit bestens
vertraut mir deren eigener, schneller, hochstilisierter Bildsprache.
"Genau das Richtige, was wir für diesen Stoff brauchten,"
kommentiert Fellner. "Der Film sollte einerseits wie ein
historischer Kostümfilm, andererseits auch wie ein moderner
Video-Clip aussehen. Allein durch die Bilder wollten wir diese
historische Etikette auf die Schippe nehmen."
Wie es der Zufall wollte, hatten die Straßenräuber
des 18. Jahrhunderts Jake Scott schon immer interessiert: "Sie
hatten für mich immer etwas sehr Romantisches," erklärt
er. "Aber leider gab es überhaupt keine Kinofilme über
sie. Für mich sind die beiden das englische Pendant zu den
Wild-West-Banditen. Schon als Kind hätte ich gern mal einen
Film über diese Straßenräuber gesehen, also kam
die Gelegenheit wie gerufen."
Jake Scotts Absicht war es, der Geschichte einen ganz bestimmten
Rhythmus zu geben: "Der Anfang ist dunkel, in einem sehr
düsteren Licht und etwas verstörend für den Zuschauer,
genau wie das Verhältnis zwischen Will Plunkett und James
Macleane. Sie müssen ihre Beziehung auch erst einmal definieren.
Im zweiten "Akt" machen wir die High Society lächerlich,
und da wird das Licht und die Stimmung leichter. Die beiden Straßenräuber
arbeiten jetzt zusammen, sie sind ein Team.
Wir sehen, wie unterschiedlich die beiden sind, sich aber gerade
dadurch besonders anziehen. Und dann, wenn sich ihr Ende ankündigt,
konzentriert sich die Geschichte mehr und mehr auf die Freundschaft
und Kameradschaft zwischen den beiden Männern. Für
mich ist ihr Verhältnis fast wie eine Liebesgeschichte -
nur ohne Sex."
Stil
Der Film ist nicht nur eine packende Abenteuergeschichte, er
soll den Zuschauer auch durch seine Bilder fesseln. Jake Scott
beschreibt den "Look" des Films: "Es ist definitiv
kein traditioneller zeitgenössischer Film. Im Gegenteil,
wir wollten die Vorstellungen, die man von historischen Filmen
hat, brechen. Zunächst habe ich mich intensiv mit dem 18.
Jahrhundert auseinandergesetzt, mit der damaligen Musik, mit
Zeitungen, Anekdoten, Überlieferungen und Aufzeichnungen
und den Malern, wobei mich Hogarth besonders beeinflußte,
um dann all das wieder über den Haufen zu werfen und zu
beschließen, mich nicht zum Sklaven der Historie machen
zu lassen.
Stilistisch wollte ich den Film behandeln wie einen Fantasy-
oder Science-Fiction-Film. Die historische Herkunft sollte erkennbar
sein, aber sonst setzte ich meiner Phantasie keine Grenzen. So
sind immer wieder Elemente aus der heutigen Zeit eingestreut,
sei es durch Sprache, Musik, Schnitt oder Ausstattung. Während
des ganzen Films wird der Zuschauer immer wieder überrascht,
und genau das war meine Absicht."
Dreharbeiten
Die Dreharbeiten dauerten zehn Wochen - acht Wochen drehte man
in Prag und in der Tschechischen Republik, zwei Wochen in und
um London. Produzent Eric Fellner zum Drehort Prag :
"Unsere Wahl fiel aus finanziellen und künstlerischen
Gründen auf Prag. Es ist fast unmöglich, heute noch
in London historische Gebäude zu finden, die nicht zu Sehenswürdigkeiten
umfunktioniert wurden. In Prag hingegen sind viele Gebäude
unrenoviert und haben ihren alten, morbiden Charme behalten,
der für den Film nötig war. Außerdem hat Prag
mittlerweile auch die notwendige Infrastruktur für Filmcrews:
Straßenlaternen zu versetzen oder Straßen zu sperren,
das ist dort alles kein Problem mehr."
Casting
Die nächste Aufgabe war die Besetzung der Schauspieler.
Robert Carlyle und Jonny Lee Miller, die schon in Trainspotting
- Neue Helden (1996 zusammenarbeiteten, spielen Will Plunkett
und James Macleane. "Die Besetzung ist alles," betont
Jake Scott. "Die Chemie, die zwischen Plunkett und Macleane
besteht, ist immens wichtig, und es ist nicht einfach, zwei Schauspieler
zu finden, die genau das transportieren können.
Bobby und Jonny waren die ersten Schauspieler, die ich traf.
Allerdings zunächst nur einzeln, nie zusammen, weil beide
so beschäftigt mit anderen Projekten waren. Als ich sie
dann endlich zusammen hatte, war es wie ein Flash. Ich sah die
beiden und wußte: Die sind es. Sie sind beide so unterschiedlich,
aber zusammen funktionieren sie einfach großartig.
Liv Tyler habe ich in Stealing Beauty und Heavy
gesehen und war von ihr gleich begeistert," erzählt
Scott weiter. "Meine Lady Rebecca sollte weder eine prüde,
zimperliche, zurückhaltende junge Lady sein, noch eine dieser
typischen feisten, ausstaffierten Weiber. Sie sollte jung, erfrischend
und natürlich wirken. Ihre Persönlichkeit ist besonders,
anders als die der anderen, genauso wie es auch die Amerikanerin
Liv in der Gruppe der britischen Schauspieler war. Und ich wußte,
daß sie stark und selbstbewußt genug sein würde,
um sich durchzusetzen."
Sowohl Robert Carlyle als auch Jonny Lee Miller begeisterte
vor allem die Energie und die Respektlosigkeit des Films. "Das
Buch hat einfach alles", erklärt Jonny Lee Miller.
"Es ist sehr humoristisch , gleichzeitg aber auch romantisch
und voller Action. Jake Scott und Norris Spencer, der Produktionsdesigner,
haben eine ganz neue Welt mit den Einflüssen verschiedener
Jahrhunderte geschaffen. Das macht den Film so neu und einzigartig.
Mir fällt kein Film ein, mit dem er vergleichbar wäre."
Und Robert Carlyle fügt hinzu: "Der Stil ist schon
sehr ungewöhnlich für einen historischen Film, genau
wie auch die Sprache. Ich habe eigentlich schon immer geglaubt,
daß die Leute früher ähnlich gesprochen haben
wie die Arbeiter heute und der Film bestätigt genau das.
Wir mußten uns nicht verstellen, unsere Figuren redeten
so wie wir auch heute reden."
Zur erneuten Zusammenarbeit mit Jonny Lee Miller sagt Carlyle:
"Jonny und ich haben uns großartig in Trainspotting
verstanden und es war wirklich ein glücklicher Zufall, daß
wir beide wieder in diesem Film landeten. Wir haben großes
Vertrauen zueinander, was gerade in diesen sehr körperlichen
Szenen überaus wichtig ist." Und Jonny Lee Miller antwortet:
"Ich war hocherfreut, als ich hörte, daß Bobby
den Plunkett spielt. Ich weiß, wie er arbeitet und wie
ernst er seine Arbeit nimmt. Aber mindestens genauso wichtig
ist es ihm, Spaß zu haben."
Macleanes Wiedereinstieg in die Aristokratenklasse wird ermöglicht
von dem affektierten, überaus amüsanten und reichlich
verdorbenen Lord Rochester. Gespielt wird er von Alan Cumming,
und man sieht, wieviel Spaß der britische Schauspieler
an der Rolle dieses dandyhaften Trendsetters hatte: "Ich
renne von einer Party zur anderen, benehme mich übertrieben
tuntenhaft, sage laufend Sätze wie `Hach, was sehen Sie
heute wieder gut aus, Darling!` und mache ungehörige, schamlose
Witze," charakterisiert er seine Rolle. "In seinen
schillernden purpurnen Gewändern sticht Rochester aus der
langweiligen Masse heraus. Er ist sehr sophisticated, fühlt
sich aber von dem rauhen Charme Plunketts angezogen. Plunkett
& Macleane ist ein sehr mutiger Film, und ich hoffe, daß
sich die Zuschauer über die Vielzahl meiner bunten Kostüme,
die ich zur Schau stelle, köstlich amüsieren werden."
Durch Lord Rochester lernt Macleane Lady Rebecca kennen und
verliebt sich in sie. Die amerikanische Schauspielerin Liv Tyler
über ihre Rolle: "Lady Rebecca hat eine spitze Zunge
und einen scharfen Verstand. Sie mag sich nicht brav in die Londoner
High Society einfügen. Sie ist ein bißchen rebellisch.
Die wohlhabenden Frauen von damals hatten kaum Interessen, und
weil Rebecca keine Lust auf die traditionellen Beschäftigungen
wie Musizieren oder Sticken hatte, fühlt sie sich fremd
in der blaublütigen Gesellschaft. Als ihre Kutsche von den
Straßenräubern überfallen wird, steigt ihr Adrenalinspiegel,
und sie ist froh, daß endlich etwas Spannung in ihr eintöniges
Leben kommt."
Von dem Drehbuch war Liv Tyler auf der Stelle begeistert: "Es
hat mich gleich gepackt. Es ist so komisch, sehr menschlich und
sehr authentisch. Der Film beschönigt nichts. Es ist, als
könne man ihn riechen. Immerhin gab es damals so etwas wie
Hygiene so gut wie gar nicht, Makeup diente nicht der Schönheit,
sondern um Pestflecken zu verdecken. Was die Zeit damals bestimmte,
waren keine rauschenden Feste, sondern Trunkenheit, Prostitution
und Mord. Der Film ist schön, dreckig und sehr sexy zugleich."
Die Schauspieler waren sehr von Regisseur Jake Scott angetan.
"Jake ist unglaublich talentiert und hat ganz klare Vorstellungen",
lobt Robert Carlyle, und Liv fügt hinzu: "Er hat immer
nur wenige Takes von den Szenen gemacht, dadurch wirken wir sehr
rauh, natürlich und unverbraucht. Man merkt, daß er
von diesem Film besessen war, denn er hat sich um jedes noch
so kleine Detail gekümmert. Er hat die ganzen Storyboards
gezeichnet, machte Skizzen von den Kostümen, und er konnte
seinen Schuhtick ausleben, indem er die Schuhe jeder Figur skizzierte
- bis hin zu den Nähten."
Reitstunden
Bevor mit den Dreharbeiten begonnen werden konnte, mußten
alle Schauspieler reiten und schießen lernen. "Das
war ein Bild für die Götter", erinnert sich Liv
Tyler. "Normalerweise treffen sich die Schauspieler zum
ersten Mal bei den Proben, wir lernten uns bei den Reitstunden
kennen. Was allein schon peinlich genug ist, wenn man nicht reiten
kann. Aber die Übermütigkeit und der Spaß, den
wir alle dabei hatten, schweißte uns richtig zusammen."
Kostüme
Alle Kostüme, die besonders Liv Tyler, die sich schon als
Kind gern verkleidete, gefielen, entwarf Janty Yates. Auch die
Gesetze der Mode des 18. Jahrhundert sollten untergraben werden.
So sind die Kleider historisch nicht ganz stilecht, sondern haben
alle einen modernen, hippen Touch. Janty Yates studierte die
Mode der damaligen Zeit gründlich: "Um die Regeln zu
brechen, muß man genau wissen, was damals angesagt war,
um es dann umstoßen zu können," erläutert
sie. "So habe ich mich für Liv Tylers Kostüme
von Paolo Roversis Fotokampagne für den italienischen Designer
Romeo Gigli inspirieren lassen und Lagen von fließendem
weichen Chiffon mit sehr maskulinen Outfits wie taillierten Reithosen
und Lederwamsen gemischt. Die Kostüme der beiden Straßenräuber
sollten den abgetragenen "Leder-Look" haben: Kleidungsstücke
von ursprünglich guter Qualität, die einfach schon
mal bessere Tage gesehen hat."
Maske
Ähnlich wie Janty Yates ging es auch Graham Johnston, der
Visagist und Haarkünstler. Er studierte die Frisuren und
das Make-Up des 18. Jahrhunderts sehr genau, um es dann mit modernen
Elementen aufzufrischen. "Mit einem Bein im 18., mit dem
anderen im 20. Jahrhundert, das war der Look, den Jake sich vorstellte,"
erinnert sich Johnston.
"Lord Rochester ist dafür das beste Beispiel. Er war
damals der perfekte Dandy, aber wir haben dem noch eins draufgesetzt,
indem wir seine Augenbrauen piercten und ihn wie eine Tunte ausstaffierten.
So war er genau das, was man heute als 'fashion victim' bezeichnet.
Die Perücken waren damals alle gefärbt, und wir sagten
uns: 'Hey machen wir uns doch einen Spaß daraus und übertreiben
mal richtig!' Also haben wir die drei Gesellschaftsladies schön
pink á la Barbara Cartland gestylt."
Mit der Frisur sollte der Charakter jeder Figur unterstrichen
werden. Liv Tyler spielt eine Frau, die ihrer Zeit voraus ist.
"Sie ist von Natur aus wunderschön, aber wir haben
sie trotzdem geschminkt, als dramatische Ergänzung zu ihren
überwältigenden Kostümen," erklärt Johnston.
"In der Ball-Szene sind ihre Haare kunstvoll auf dem Kopf
getürmt. Keine Dame hätte damals so etwas getragen.
Wir haben ihr dunkles Haar extra dunkel gelassen, damit sie aus
der Masse der Ladies mit den weißen Perücken heraussticht,
um ihre Andersartigkeit zu unterstreichen."
Im 18. Jahrhundet trugen auch die Männer Make-up. "Sie
benutzten weißes Blei oder Graphit und andere merkwürdige
Substanzen, um ihre Haut weiß abzudecken, und rote Lebensmittelfarbe,
um ihre Lippen zu färben," erzählt Johnston.
"Stolz trug die Aristokratie alle Arten gepuderter Perücken
zur Schau, um ihr Modebewußtsein und ihren sozialen Stand
zu unterstreichen, und die Mittelschicht bemühte sich, es
ihnen gleich zu tun. "Sie nahmen Mehl, um ihre Haare zu
weißen, und oft wurde es mit Gänsefett übertüncht.
Da war es nicht überraschend, daß sich alles mögliche
Ungeziefer und Läuse in ihren Haaren ansammelte", so
Graham Johnston.
Teamgeist
Die Zufriedenheit des gesamten Teams über die Zusammenarbeit
mit Debütregisseur Jake Scott bringt Graham Johnsten abschließend
noch einmal zum Ausdruck: "Ich muß Jake wirklich loben.
Seine Vorstellungen ermutigten uns alle, unseren Phantasien absolut
freien Lauf zu lassen - ohne jede historische Einschränkung."
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