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Die Braut
Große Liebe
Egon Günther über...
- eine unmögliche Liebe: Es ist
eine der Geschichten, die sich in immer neuen Transfigurationen
wiederholen. Ein junges Mädchen verliebt sich in einen,
der sechzehn Jahre älter ist. Das wäre nicht das Problem,
aber er lebt in einem streng beaufsichtigten Archipel, einer
geschlossenen Gesellschaft. Das Mädchen gehört auf
gar keinen Fall dazu, sie ist Volk, nichts, breite Masse. Entfernung
und Differenz könnten nicht größer sein. Er verläßt
ihres Liebreizes wegen und ihrer Jugend eine andere Frau. Diese
wird zur Todfeindin der anderen. Wie endet das? Alle kommen ohne
nennenswerte Verluste davon und erreichen ein hohes Alter. Christiane
nicht, so heißt sie. Sie ist die jüngste in dem Komplott
und stirbt als erste. Siebenundzwanzig Jahre hält Christiane
allen Mordversuchen stand aus Liebe zu dem angebeteten Mann,
der es verdient oder nicht verdient. Als ihre Zeit gekommen ist,
sieht er ihrem schweren Sterben nicht zu. Er pocht auf das Recht
des sensiblen oder hochneurotischen Intellektuellen, sich da
raushalten zu sollen.
- Kino und Gegenwart:
Die Sprache des Films ist erfunden; in keinem Fall bezieht sie
sich auf Historisches, Verbürgtes, auf Briefe oder Selbstzeugnisse,
nicht einmal auf Eckermann oder Biedermanns Sammlungen. Das Historische
interessiert mich bei weitem nicht so sehr wie das Gegenwärtige.
Mich interessiert das Unvergängliche, das in allen Liebesgeschichten,
Liebestragödien, Liebeskomödien steckt...
- Realität
und Fiktion: Nichts ist schlimmer als ein biographisch glatt
belegter Film. Realität ist phantasiefeindlich. Realität
ist selber eine Fiktion. Nichts bringt die Wahrheit schneller
unter die Erde als sogenannte harte Fakten. Fakten sind die Feinde
der Wahrheit. Die Gerichtsdiener wissen es, wenn sie lange genug
dabei sind. Will sagen: wollen wir diesen Film machen, müssen
wir unser Recht auf das Fiktive und unsere ungezügelte Phantasie
behaupten. Und schön scheint mir der Gedanke zu sein, daß
nichts das Geheimnis lösen kann, warum das Jahrhundert-Genie
bei diesem Mädchen blieb, das kaum schreiben konnte, auch
nicht richtig lesen. Wehleidige Germanisten halten Schreiben
und Lesen für das höchste Gut und dichten Christiane
durchaus Belesenheit an. Aber sie wollen ihren Meister verteidigen
und beleidigen das Mädchen erneut.
- das
große Geheimnis: Er blieb bei ihr, sie blieb bei ihm, sie
heirateten nach achtzehn Jahren liederlicher Liaison. Sie schenkte
ihm einen Sohn, August. Weitere vier Kinder starben ihnen weg,
kaum daß sie geboren waren. Wir erklären das Geheimnis,
warum das alles hielt, mit einem anderen Geheimnis, der Liebe.
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