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Velvet Goldmine

Die Siebziger


Szene Veränderung war das Schlüsselwort, als die 60er Jahre mit den Manson-Morden und dem Desaster in Altamont einem neuen Jahrzehnt Platz machten. Auch die Rockmusik war fest entschlossen, ihren Kinderschuhen zu entwachsen und endlich erwachsen zu werden. Amerikas erste Teenager, die zu Elvis und Chuck Berry gerockt hatten, waren mittlerweile älter als 30, und eine neue Generation von Jugendlichen rückte nach, die mit Musik groß geworden war und sie als selbstverständlichen Teil ihres Lebens akzeptierten. Jetzt wollten sie etwas Neues.

Mit dem Beginn der 70er Jahre trat die Popmusik, zerrissen zwischen übertriebener Ernsthaftigkeit und dem Bedürfnis, Dampf abzulassen, in ihre Pubertätsphase ein. Nach Woodstock war Rock als ernsthafte Kunstform und Mittel sozialkritischen Ausdrucks etabliert und akzeptiert, ein Bestandteil des alltäglichen Soundtracks zum modernen Leben.

In England mußten die anerkannten Heroen wie Cliff Richard einem neuen Typ Popstar weichen, der nicht mehr Muttis Liebling sein wollte und sich ebenso aggressiv wie innovativ als sexuell androgyner Paradiesvogel präsentierte. Glam Rock als Genre definiert, grob umrissen, eine Periode in der Popmusik, die von 1969 bis 1973 andauerte, als in erster Linie britische Musiker mit den Begriffen Identität und Performance experimentierten und festgefahrene Vorstellungen von Geschlechterverhalten kaltlächelnd über den Haufen warfen.

Schlüsselpersonen der kurzlebigen Glam-Revolution waren David Bowie, Roxy-Music-Sänger Bryan Ferry und Keyboarder Brian Eno. Glam wurde zunächst von amerikanischen Acts wie Lou Reed und Velvet Underground, Iggy Pop und The Stooges und schließlich den New York Dolls beeinflußt.

Vor allem Bowie war von der rohen Energie und den häufig gewalttätigen Auftritten der Stooges beeindruckt. 1972 holte er die nach etlichen Drogenproblemen reformierte Band sogar nach England und produzierte ihre legendäre LP "Raw Power" (berühmt für ihren schlechten, unglaublich flachen Mix und die Hymne "Search and Destroy"). Während Glam in den USA nur kurz für Schlagzeilen sorgte und schnell in Heavy Metal aufging, regierten Glam-Bands in Großbritannien die Charts.

Der unangefochtene König des Glam war Marc Bolan, der in paradiesische Klamotten gewandete Sänger, Gitarrist und Songwriter von T. Rex, dem es vorzüglich gelang, die weit klaffende Lücke zwischen den Hippies der 60er und der Plattformabsatz-Ästhetik der 70er zu schließen. T. Rex veröffentlichte Alben mit mystischen Titeln und perkussiver, elektronisch verfremdeter Folkmusik, deren Texte sich um Mythologie, Magie und bloßen Unsinn rankten. Mit den Hits "Hot Love" und "Get It On" hatte Bolan die Hippies und die Teenies auf seiner Seite. Das T-Rex-Fieber brach in England aus und verbreitete sich über ganz Europa. Bolan kam 1977 bei einem Autounfall ums Leben.

David Bowie hatte Schauspiel und Tanz bei der kontroversen Lindsay Kemp studiert und definierte den Stil der 70er mehr als irgendein anderer Solokünstler. Stets war der chamäleonartige Ex-Mod seiner Zeit voraus und ging mit seiner offen zur Schau gestellten Sexualität keiner Kontroverse aus dem Weg. Nach einem Skandälchen, als er in einem Kleid auftrat, folgte 1972 in einem Interview im Melody Maker das Bekenntnis, er sei bi.

Die plattenkaufende Masse wurde auf "den Mann, der auf die Erde fiel" erst durch das Konzeptalbum "Ziggy Stardust" aufmerksam. Das Folgealbum "Aladdin Sane" war nicht so gelungen, belegte in den englischen Charts aber Platz eins und knackte die amerikanischen Top Ten. Auf der Höhe seines neuen Ruhmes gab Bowie am 3. Juli 1973 auf der Bühne des Hammersmith Odeon bekannt:

"Das ist nicht nur das letzte Konzert der Tour, sondern auch das letzte Konzert, das wir jemals spielen werden." Für Bowie war es Teil einer kalkulierten Entscheidung, um das Interesse seines Publikum wachzuhalten. Nicht Bowie ging von der Bühne ab, sondern Ziggy.


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