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Die mich lieben nehmen den Zug
Produktionsnotizen
Der Titel geht auf einen Satz des Regisseurs Francois Reichenbach
zurück, dessen reale Geschichte der Autorin Danièle
Thompson als Vorlage diente, sowohl was die Figuren betrifft
als auch das Begräbnis, das in Limoges stattfand.
Das Komplizierte an den Dreharbeiten waren die in einem echten
Zug aufgenommenen Takes, die etwa zwei Drittel des Films ausmachen!
In vierzehn Tagen legte man dabei 12 000 Kilometer zurück,
immer auf der Strecke Paris-Mulhouse, die die SNCF für Filmaufnahmen
vermietet. Das verleiht dem Film eine extreme Dynamik. Patrice
Chéreau: "In Filmen, die im Zug spielen, gibt es
diesen Elan, der alles vorantreibt: man bewegt sich auf die Probleme
zu, oder auf die Lösungen. Im Zug ist es wie unter Ausschluß
der Öffentlichkeit, ein idealer Motor und Beschleuniger
der Erzählung. Er bewegt sich im Rhythmus der Gedanken,
ja, der Zug ist wie ein Gedanke, eine Gedanke in Bewegung."
Nur wenige Szenen wurden im Studio gedreht, die in der Toilette,
im Tunnel und am Anfang mit dem kleinen Mädchen, das durch
den Zug läuft und Schokolade sucht. "Das hat nicht
so viel Spaß gemacht, "erzählt Chéreau,
"das wahre Vergnügen war, im richtigen Zug zu drehen,
mit der Landschaft, die draußen vorbeifliegt, dem wechselnden
Licht auf den Gesichtern. Das war eine unglaubliche neue Erfahrung.
Wenn Dominique Blanc aufschreit, weil sie sich gestoßen
hat, dann ist das echt, alle sind durchgerüttelt und gestoßen
worden."
Ohne Eric Gautier, den Chef-Kameramann, hätte dieses etwas
verrückte Vorhaben nicht realisiert werden können.
Er ermöglichte es, große Teile des Films in Cinemascope
und mit Handkamera zu drehen. Chéreau: "Das war eine
kleine technische Heldentat! Sie hat mich eine unglaubliche,
gefährliche Freiheit kosten lassen und mir gleichzeitig
ermöglicht, die Stimmungsumschwünge in meinem Film
richtig darzustellen. Die Kombination von Cinemascope und Handkamera
ist möglich durch eine neukonstruierte Kamera. Das gab es
vorher nicht und war für mich DIE Entdeckung! Das verleiht
eine unglaubliche Tiefe, geht direkt auf den Punkt. Meine Begeisterung
dafür rührt von der Faszination, die Lars von Triers
'Breaking the Waves' bei mir ausgelöst hat."
Es war ein äußerst entspanntes, sehr lustvolles Drehen,
voller Freude am Spiel, auch wenn das Thema und der Ort dafür
nicht prädestiniert scheinen. Chéreau kommuniziert
direkt mit seinen Schauspielern, die Kamera rückt ihnen
auf den Leib. Und er sieht alles hinter dieser Kamera, hält
stets den visuellen Kontakt mit seinen Akteuren. Sie spüren
immer seinen Blick, ohne daß er auf ihnen lastet, sie einengt.
Auch Altmeister Jean-Louis Trintignant fügte sich wunderbar
in das Szenario. Chéreau beschreibt ihn als den geborenen
Verführer, ausgestattet mit unwiderstehlichem Charme und
einer gehörigen Portion Boshaftigkeit - einer, der über
sich selbst lachen kann.
Chéreau liebt große Häuser, sie spielen in
allen seinen Filmen eine Rolle. Das Familienanwesen fand er in
Limoges, stattete es allerdings komplett neu aus, wobei er die
Farbe rot bewußt einbrachte: Als Hommage an Ingmar Bergman,
der einmal sagte, als Kind habe er immer geglaubt, rot sei die
Farbe der Seele.
Das Atelier des Malers, das einige Male in Flashbacks zu sehen
ist, ist das Atelier von Chéreaus Vater, so wie er es
heute aus seiner Kindheit in Erinnerung hat.
Mit "Wer mich liebt nimmt den Zug" hat Patrice Chéreau
endlich des Gefühl, seinen eigenen Stil gefunden zu haben.
Die sinnliche, körperliche Art der Kameraarbeit und die
Lebhaftigkeit und Konfliktfreude der menschlichen Beziehungen
in seiner Geschichte werden ergänzt durch den intensiven,
gezielten Einsatz der Musik, die von Jim Morrison und James Brown
bis zu Björk und Gustav Mahler reicht, und dem Film zusätzliche
Dynamik verleiht.
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