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Gibt es zu Weihnachten Schnee?


Produktionsnotizen

Interview von Claire Denis mit Sandrine Veysset

Ich bewundere Ihren Film, ich kannte bisher nichts von Ihnen. Beginnen wir also mit dem Anfang ihrer Arbeit, mit dem Ausgangspunkt.

Ich hatte eigentlich nie den Wunsch, einen Film zu machen. Meinen ersten wirklichen Kontakt mit dem Kino hatte ich, als ich bei "Les amants du Pont Neuf" von Leos Carax als Ausstattungsassistentin gearbeitet habe. Damals studierte ich noch Moderne Literatur, was ich dann aufgegeben habe. Ich hatte wirklich das Gefühl, einen Ort gefunden zu haben, an dem ich mich wohl fühlte.

Es war Leos, der mich motiviert hat, ein Drehbuch zu schreiben über das, was mir im Kopf herumging. Es war wie eine Aufforderung, die ich als Aufgabe betrachtet habe, und dann habe ich angefangen zu schreiben.

War das Schreiben nur eine Antwort auf diese Aufforderung oder hatten Sie das Gefühl, dadurch die Möglichkeit zu erhalten, sehr persönliche Dinge auszudrücken?

Nein, natürlich war es nicht nur eine Antwort. Ich hatte große Lust, diese Geschichte zu erzählen. Eine Mutter, Kinder, die Arbeit auf dem Feld, die Jahreszeiten. Aber diese Geschichte hätte auch ein Buch bleiben können, es hätte nicht zwangsläufig ein Kinofilm daraus entstehen müssen.

War das Schreiben am Anfang schwierig für Sic?

Das Schwierige beim Schreiben einer Geschichte ist, die Erinnerungen auszuwählen und sie mit der Fiktion zu verbinden. Mehr als das Schreiben an sich bereitet einem aber das Probleme, was dadurch im Innersten aufgewühlt wird.

Hätte die Geschichte auch in einer Stadt spielen können oder ist sie an das Land gebunden?

Nein, diese Geschichte hätte sich nirgendwo anders als auf dem Land zutragen können. Für mich war es wichtig, etwas zu beschreiben, das ich gut kenne, das ich liebe. Das Land, von innen heraus betrachtet, und keine stereotype Vorstellung des Landes mit schönen Bildern im Postkartenstil.

Was ich über das Land weiß, ist, daß es existiert, schwierig, auch schön, aber rauh. Ich hatte auch Lust, die Arbeit auf den Feldern zu zeigen. Die Zeit, die vergeht. Auf dem Land erlebt man die Jahreszeiten und die Natur viel intensiver. Der Wind wirbelt Staub auf, der Regen verwandelt die Erde in Schlamm und so weiter. In der Stadt ist der Gehweg trocken oder naß, das ist alles.

War die Wahl der drei Jahreszeiten Grundlegendes für Sie?

Ja, das war für den Ausgangspunkt der Geschichte absolut notwendig. Die Jahreszeiten spielen in meinem Film eine wichtige Rolle. Sie zeigen, wie sich ein Ort in der Zeit verändert. Ich mochte diesen Gedanken der Veränderung von Landschaft und Personen. Vor allem der Kinder, die sehr schnell wachsen. Wenn ich meinen Film sehe, ist das etwas, was mir wirklich gefällt. All diese Veränderungen, die ohne mich stattgefunden haben, all das, was sich der Kontrolle entzieht, was man nicht durch Make-up oder Filmtricks beeinflussen kann.

Sind Sie sich bewußt, daß Ihr Film eine Energie ausstrahlt, eine vitale Kraft? Es gibt einen physischen Aspekt in Ihrer Regiearbeit. Können Sie darüber etwas erzählen?

Nein, ich bin mir dessen nicht sehr bewußt. Ich glaube, daß die physische Komponente des Films stark damit zusammenhängt, was auf dem Land im Verlauf der drei Jahreszeiten geschieht. Zur Erde, zur Sonne, zum Wind, zur Kälte kann man nur eine physische Beziehung haben. Die Schauspieler können nicht schummeln, sie sind als menschliche Wesen in die Natur eingebunden. Sie fühlen die Hitze und die Kälte wirklich.

Wenn ich Ihnen sage, daß Ihr Film Lust macht aufs Kino, aufs Filmemachen, was löst das bei Ihnen aus?

Das verblüfft mich. Aber ich kann darüber nichts sagen - oder nur, daß es vielleicht deshalb ist, weil ich nicht ein Teil des Filmgeschäfts bin, diesen Film nicht aus einer Notwendigkeit heraus gemacht habe, sondern, weil ich Lust hatte, Kino zu machen. Ich glaube, daß ich mich nicht verraten habe. Für mich war es wichtig, meinen Film so zu machen, wie ich ihn mir wünschte. Es gab für mich keine Kompromisse.

Ich glaube, daß ich ihn nicht für andere gemacht habe. Ich habe ihn sogar gegen die anderen gemacht. Ja, ich glaube, meine Haltung zu Beginn war egoistisch. Mein Film mußte mir entsprechen - umso besser, wenn er am Ende den anderen entgegenkommt, denn dafür ist er gemacht.


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