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Kleines Arschloch

Der Regisseur hat mich geschlagen!


"Der Regisseur hat mich geschlagen!":
Drehbuch-Autor Walter Moers im Interview

Frage:
Herr Moers, an so einem großen Zeichentrickfilm arbeitet ja ein großes Heer von Zeichnern und Zeichnerinnen, erfahrene Animatoren aus aller Welt, Hunderte von Zwischenphasenzeichnern, Coloristinnen, Hintergrundmalern...

Walter Moers:
Blödsinn! An den Quatsch habe ich auch mal geglaubt. Ich mußte den ganzen Scheißfilm alleine zeichnen!

Frage:
Aber die Produktionsfirma, die Trickcompany unter der Leitung von Michael Schaack, gilt doch weltweit als das Mekka der Zeichentrickkunst, das Disneyland des hohen Nordens, der Petersdom unter den Trickstudios...

Walter Moers:
Auf den Mist bin ich auch reingefallen. Ich habe in dem Laden noch keinen einzigen Zeichner gesehen. Sie stellen sogar Schilder auf: Eintritt für Zeichner verboten! Es gibt elektrische Zäune gegen Zeichner! Es geht sogar das Gerücht um, daß einmal ein Zeichner die Barrikaden durchbrochen hat. Er wurde nie wieder gesehen...

Frage:
Aber das ist doch völlig absurd! Warum sollte eine Zeichentrickproduktion so etwas tun?

Walter Moers:
Sie sind ihnen zu teuer! Zeichner kosten Geld! Viel Geld! Wissen Sie, was ein simpler Bleistiftphasenzeichner im Monat verdient? Soviel wie ein Laserchirurg im Jahr! Es ist das natürliche Überlebensverhalten einer Trickfilmfirma, sich professionelle Zeichner vom Hals zu halten. Zeichner sind für Trickfilmfirmen das, was Hyänen für Zebras sind.

Frage:
Und wie kommen dann diese abendfüllenden Zeichentrickfilme zustande?

Walter Moers:
Durch Knebelverträge! Die Autoren werden gegen ihren Willen dazu verpflichtet, den Film selbst zu zeichnen.

Frage:
Wie das?

Walter Moers:
Es ist immer die gleiche Masche. Michael Schaack hat mich in sein Büro eingeladen und dann gezwungen, ganz viel Whiskey zu trinken, obwohl er weiß, daß ich keinen Alkohol vertrage. Es waren wohl auch noch K.O.-Tropfen drin, denn ich war danach für mehrere Tage halbseitig gelähmt. Auf dem Tisch tanzten Huren. Dann zeigte er mir seinen Vertrag, 500 Seiten dick, aber nur ganz kurz, dann zog er ihn wieder weg. Dann sollte ich ein Blankoformular unterschreiben.

Frage:
Kaum zu glauben.

Walter Moers:
Tja, aber mich legt man nicht so schnell rein. Ich komme aus der Buchbranche, da wird noch mit viel schmutzigeren Tricks gearbeitet. Erpressung, Folter, synthetische Drogen. Als Schaack mal auf's Klo ging, hab' ich den Vertrag gelesen, und da stand auf Seite 498, ganz klein gedruckt: "Der Autor, die blöde Sau, verpflichtet sich hiermit, den ganzen Film alleine zu zeichnen." Da habe ich mich natürlich geweigert, zu unterschreiben.

Frage:
Ach! Und wie ist es dennoch zur Unterschrift gekommen?

Walter Moers:
Schaack hat mich geschlagen. Mit dem Vertrag - der ist ja so dick wie ein Telefonbuch. Damit kann man einen zusammenschlagen, ohne Spuren zu hinterlassen. Ich habe heute noch Wirbelprobleme deswegen.

Frage:
Und dann haben Sie den Film alleine gezeichnet?

Walter Moers:
Ja, mit einem Vierfarbstift, mehr wollte Schaack nicht rausrücken, der Geizkragen. Es grenzt an ein Wunder, daß der Film trotzdem so professionell wirkt. Zumal Schaack immer extra am Tisch gewackelt hat, wenn ich gezeichnet habe, um mich zu ärgern. Dafür hat er dann auch noch den Regie-Credit bekommen.

Frage:
Könnte es nicht vielleicht auch so gewesen sein, wie Michael Schaack es uns berichtet: Daß der Film unter völlig professionellen Bedingungen entstanden ist, mit einem Team hochkarätiger Mitarbeiter und kreativen Kräften aus aller Welt, und daß Sie nur alle Jubeljahre mal vorbeistolziert sind, um den dicken Macker zu markieren?

Walter Moers:
Oder so!


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