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Die furchtlosen Vier
Mit Bleistift und Maus-Klick
Nach mehr als 50 Spielfilmproduktionen übernimmt Eberhard
Junkersdorf zusammen mit Jürgen Richter und Michael Coldewey
erstmals auch als Regisseur die Verantwortung. Was ihm vorschwebte,
war die Idealverbindung klassischer, per Hand gezeichneter Animation
mit den buchstäblich grenzenlosen Möglichkeiten der
im Computer generierten Fantasy-Visionen. Die Hauptfiguren wurden
dabei in traditioneller Technik mit dem Zeichenstift erstellt.
500.000 Bögen Zeichenpapier haben Animatoren und Phasenzeichner
dafür verbraucht. "Ich glaube nicht, daß das Publikum
schon so weit ist, mit Spaß und Freude eine reine Computergeschichte
zu akzeptieren,`` meint Junkersdorf. "Im Gegensatz zu gezeichneten
Figuren fehlt es den im Computer erzeugten Figuren ein bißchen
an Seele.``
Dennoch will die Munich Animation - mit ihrer technischen Ausstattung
das modernste Trickstudio in Deutschland - natürlich nicht
auf die Arbeitserleichterung der Großrechner verzichten.
Die Animatoren sind in der Regel jünger als 30 Jahre und
kommen aus zehn verschiedenen Ländern in die Schwabinger
Ohmstraße. In Deutschland allein waren entsprechende Experten
nicht aufzutreiben.
Bewußt gab Junkersdorf vielen jungen Mitarbeitern eine
große Chance: "Soviel Verantwortung wie bei uns würden
sie in einem etablierten Studio nie bekommen.`` Um der babylonischen
Sprachverwirrung Herr zu werden, verständigen sich die Animatoren
offiziell auf Englisch. Leichter fällt ihnen die Sprache
der Technik: In den Programmen "Softimage 3D``, "Toonz`` und
"Animo`` (von Cambridge) gibt es wenig Kommunikationsprobleme,
die Diskussionen sind rein ästhetischer Art.
Die Computerspezis konzentrieren sich bei der Animation meist
auf nur eine der Figuren - dadurch ist ein einheitlicher Stil
leichter zu gewährleisten. Wenn ein Animator im traditionellen
Bereich pro Monat 15 Sekunden seiner Figur zum fertigen Film
beisteuert, hat er gute Arbeit geleistet.
Erstmals werden computergenerierte 3D-Hintergründe verblüffend
effektiv und in derartigem Umfang mit den zweidimensionalen Zeichnungen
der animierten Hauptdarsteller kombiniert. Etwa 40 Prozent der
Hintergründe kommen aus dem Computer.
Bremen bestimmt als atmosphärisch düsterer Großstadtmoloch
aus dem Computer die Handlung. Übrigens ein Grund mehr für
die reale Hansestadt Bremen, das Märchen und die Verfilmung
zum Kinostart mit einer Ausstellung zu würdigen.
Aber auch der angsteinflößende Roboter namens "Power-Tool``
entsteht im Rechner: Weil der altgediente Esel Fred für
seinen profitorientierten Besitzer nicht mehr produktiv genug
arbeitet, ersetzt man ihn durch eine monströse Lasttiermaschine,
die mit einem kalten Hauch von "schöner neuer Welt`` selbst
den Furchtlosen Vier die Haare zu Berge stehen läßt:
Power-Tool kommt als scheppernder Centaur daher, eine Art Terminator-Torso
auf dem Rumpf eines stählernen Pferdes.
Die von Hand gezeichneten Helden landen als Scans ebenfalls im
Computer und können dort mit den Hintergründen kombiniert
werden. Erst danach werden die Umrißzeichnungen digital
mit Farbe "ausgemalt``. Eine traditionelle Rostrum-Camera zum
Abfilmen der einzelnen Bild Phasen wird dadurch überflüssig.
Jedes fertige Einzelbild entsteht ebenso wie die Sequenz der
Bilder im Rechner, der aus 24 Einzelbildern pro Sekunde dann
die Illusion perfekter Bewegung schafft. Von der ersten bis zur
letzten Einstellung beanspruchen die exakt 120.960 Einzelbilder
von "Die Furchtlosen Vier`` 17 Millionen Megabyte (= 1,7 Terabyte)
Speicherplatz. Um diese gewaltige Datenmenge zu kopieren, bräuchte
man über 1 Million konventionelle Computer-Disketten! Erst
wenn alle Bilder korrigiert sind, werden sie nebenan bei der
Münchner Arri TV auf 35mm-Film belichtet.
Entworfen hat die vier Helden ein Experte aus Hollywood: Carlos
Grangel gehört zu den TopDesignern der Animationsbranche
und arbeitet für Steven Spielbergs und Jeffrey Katzenbergs
neues Studio Dreamworks. Die Ausführung der Entwürfe
liegt in den Händen von Animations Director Jürgen
Richter. Was die CGI- Elemente (Computer Generated Image) betrifft,
übernimmt der Creative Director Michael Coldewey die Verantwortung.
"Ich habe das große Glück gehabt, daß ich beim
Aufbau des Studios auf Jürgen Richter und Michael Coldewey
getroffen bin,`` sagte Junkersdorf. "Jürgen Richter ist
für die traditionelle Animation, in der nach wie vor mit
Papier und Bleistift gearbeitet wird, verantwortlich. Michael
Coldewey betreut als Creative Director einerseits die Übertragung
der Zeichnungen in den Computer, andererseits gestaltet er mit
seinen CGI-Animatoren sowohl Figuren wie ,Power-Tool' und die
Fahrzeuge, aber auch die Hintergründe, die komplett im Rechner
entstehen, vor allem das Bremen des Dr. Gier. Für beide
ist es der erste Spielfilm, bei dem sie eine solch große
Aufgabe übernehmen.``
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