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Sugar & Spice
Amerikanische Teenkultur
Rah, Rah, Sis Boom Bah: Ohne Drill weiß kein Cheerleader,
was er will.
Sobald die Besetzung stand, ging es den Filmemachern darum,
die absolute Authentizität und perfekte Umsetzung der Cheerleader-Choreographien
und -Bewegungen sicherzustellen. Für alle Darstellerinnen
resultierte dieser Anspruch in einem zweiwöchigen Trainingscamp,
das Beth Knutson, Tanzlehrerin an der University of Minnesota,
leitete. Auf dem Unterrichtsplan standen eine Reihe von topmodernen
Cheer-Choreographien und Turnfiguren.
Von den sieben Schauspielerinnen konnte lediglich Marley Shelton
auf eigene Erfahrungen als Cheerleader zurückgreifen. Aber
auch alle anderen erwiesen sich als sehr gute Schüler, gerade
weil sie das wichtigste Kriterium eines Cheerleaders erfüllten
und mit unbezwingbarem Elan und Sportsgeist sich ihrer Aufgabe
stellten.
"Als ich die Mädchen zum ersten Mal sah", erinnert
sich Knutson, "hielt ich das Erreichen unseres Ziels für
nahezu unmöglich. Aber zwei Wochen später belehrten
sie mich eines Besseren. Ich glaube, dass sie von jeder Schule
des Landes nun in die A-Teams der Cheerleader aufgenomen werden
könnten."
Allerdings, so erinnert sich Knutson, mussten vor Beginn des
Camps doch einige Ängste überwunden werden. "Als
wir Mena Suvari für eine Figur erstmals in Richtung Himmel
warfen, lief sie danach schreiend davon. Nach einer Woche aber
flog sie wie Olympiasiegerin Olga Korbut durch die Luft. Sobald
eines der Mädchen eine gewisse Choreographie beherrschte,
so schien es zumindest, gab dies auch den anderen die Sicherheit,
es ihr gleichtun zu können."
"Eine Menge Zeit", erinnert sich Marley Shelton, "verbrachten
wir mit fassungslosem 'Sie möchten, das wir was tun?'-Fragen.
Letztlich aber lernten wir, uns dieser Herausforderung wie unsere
Figuren mit positiver Grundeinstellung und Teamgeist zu stellen.
Das ganze Training half uns dabei, untereinander echtes Vertrauen
aufzubauen. Wenn jemand dich auffangen muss, lernt man, sich
auf die Instinkte des anderen zu verlassen."
An der größten Nummer der Cheerleader für die
sogenannte winter pep rally der Lincoln High
wurde intensivst gearbeitet und gefeilt. Sie sollte nach Ansicht
von Regisseurin McDougall mehr als die übliche Cheerleader-Routine
zeigen.
"Die ganze Nummer sollte etwas seltsam, aber bezaubernd
sein", erklärt McDougall, "deshalb nahm ich mir
einige der großen Musicals von Busby Berkeley zum Vorbild.
Es gibt eine Menge Kranaufnahmen mit 30 Mädchen, die eine
Formation bilden, die der Gestalt einer sich öffnenden Blume
ähnelt. Wir haben sogar kitschige Szenen, in denen Cheerleader
mit Glitzersternen in den Händen durch ein Bild schweben.
Uns hat das wirklich geholfen, den Ton für den Rest des
Films zu finden und festzusetzen."
Das Design der amerikanischen Teenkultur
Die visuelle Gestaltung des Films, die die glitzernde Oberfläche
von amerikanischer Popkultur und Teenleben in einem comichaften
Stil einfangen soll, unterstützt maßgeblich den rasanten,
ungehemmten Humor von Sugar & Spice. Um diesen stilisierten
Look zu erreichen, arbeitete Francine McDougall sehr eng mit
dem deutschstämmigen Kameramann Robert Brinkmann zusammen.
"Uns ging es darum", erzählt Brinkmann, "dem
Genre einmal einen neuen Dreh' zu geben. Da wir beide Ausländer
sind, wollten wir zum Ausdruck bringen, was Amerika für
uns wirklich ausmacht. Wir bemühten uns, eine Postkartenansicht
Amerikas zu zeigen - mit wunderschönen Farben, goldenem
Licht und angenehmen Bildkompositionen. So wird es noch witziger,
wenn in dieser perfekten Welt die Mädchen plötzlich
Dinge tun, die man mit einem solchen Paradies eigentlich nicht
in Verbindung bringt."
Um diesen Eindruck noch zu überhöhen, wurde Sugar
& Spice in Breitwandformat gedreht. "Damit haben
wir mit allen Regeln üblicher Teenfilme gebrochen",
erläutert Brinkmann. "Die dahinter stehende Absicht
all unserer formalen Entscheidungen war, mit den Konventionen
des Genres zu spielen und dieses mit etwas Neuem zu bereichern."
Gedreht wurde an verschiedenen Schauplätzen in und in der
Umgebung zweier typischer Städte aus dem Herzen Amerikas:
St. Paul und Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. Auch Produktionsdesigner
Jeff Knipp überschritt manche Grenzen mit seinen perfekt
proportionierten Sets.
"Diese Girls sind Cheerleader", erläutert Knipp,
"deshalb muss ihre Welt einfach perfekt sein. Mir schwebte
ein sehr durchgeplantes, reglementiertes, beinahe uniformes Umfeld
vor. Sobald dieses Bild in mir Gestalt angenommen hatte, ging
alles wie von selbst. Die Sets, die Schuluniformen und die Schule
selbst zeichnet ein sehr plastischer und geometrischer Look aus,
der sich durch den ganzen Film zieht." Ganz besonders mit
Dianes rosarotem Schlafzimmer lotete Knipp Geschmacksgrenzen
aus." Alles daran ist so maßlos überzogen",
amüsiert sich Knipp, "und dies zu entwerfen und gestalten,
hat uns riesiges Vergnügen bereitet."
Zusammen mit Kostümdesignerin Wendy Chuck entwarf Knipp
auch für jede Figur eine eigene Farbpalette. Diane ist hübsch
in Pink, Hannah spirituell in Purpur, Kansas von der Welt ernüchtert
und ermüdet in Blau und Schwarz, Lucy ist gekleidet in adrettem
Weiß, Cleo bevorzugt ein sexy Rot und Lisa zeigt auch im
Outfit, dass sie grün vor Neid ist. Drei Farben setzten
insgesamt den Ton.
"Uns gefiel die Vorstellung, dass Rot, Weiß und Blau
für Amerika stehen sollten", erklärt Chuck. "Deshalb
setzten wir diese Farben im ganzen Film ein, vor allem in den
Uniformen der Cheerleader und Footballspieler." In dieser
Vision eines superperfekten Amerika erwies sich ein etwas weniger
idealistisches Design als größte Herausforderung -
das Outfit nämlich, in dem die Cheerleader die Bank überfallen
wollten. Von Beginn an wussten die Filmemacher, dass dieses das
ultimative Erkennungszeichen der Truppe werden musste.
"Dass wir uns dabei von allen Konventionen möglichst
weit lösen mussten, war uns klar", erklärt Wendy
Chuck. "Plötzlich brachte Jeff Knipp seine Idee mit
der amerikanischen Flagge ein. Francine war begeistert, aber
wir fragten uns, ob das überhaupt legal und damit realisierbar
wäre."
Sobald dieser Punkt geklärt war, wartete bereits die nächste
Herausforderung. Aus den Flaggen mussten Mäntel geschneidert
werden, die sich genau richtig, gerade auch in der Anordnung
der Stars and Stripes, im Schritt bewegen mussten. Um dies zu
erreichen, trugen die Girls ihre Mäntel über hautenger
Kleidung.
Auf die Spitze getrieben und abgerundet wurde das Outfit mit
einer Betty Doll-Maske. "Inspiriert hat mich dazu ein Magazin
für Puppensammler", erläutert Chuck, "insbesondere
die darin abgebildete Puppe einer japanischen Ninjakriegerin.
Für jeden Designer ist der Entwurf eines Originalkostüms
ein Traum, aber dieses hier bereitete zusätzlichen Spaß,
bekam doch das Etikett "Girl Power" dadurch einen witzigen,
sexy und etwas abgefahrenen Dreh'."
"Wie schon bei Charakteren und Story geschehen, trieben
wir auch das Design des Films bis an die Grenzbereiche des im
Komödiengenre möglichen", fasst Produktionsdesigner
Jeff Knipp wesentliche erzählerische und visuelle Gestaltungsmerkmale
von Sugar & Spice zusammen.
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