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Ritter aus Leidenschaft
Dreharbeiten
Die Dienste einer Reihe von Spezialisten, die man bei den meisten
Filmproduktionen nicht unbedingt findet, waren gefordert, um
Brian Helgelands Konzept umsetzen zu können. Zu ihnen gehören
ein Lanzenmeister, Waffenschmiede, Pferdetrainer, Forscher, Waffenspezialisten,
Stoffmaler, Lederarbeiter, eine Armee von Stunt- und Effektkünstlern,
in mehreren Fremdsprachen bewanderte Dolmetscher und Spezialisten
für exotische Tiere.
Ein gutes Beispiel für die ungewöhnlichen Anforderungen
der Produktion waren die vielfachen Bestellungen von Lanzen,
die man für die vielen aufwändigen Duellszenen benötigte.
Letztendlich mussten mehr als 1000 dieser Waffen beschafft werden
- womit die kühnsten Schätzungen der Produzenten weit
übertroffen wurden.
"Wir hatten für eine vom zweiten Drehteam abgewickelte
Szene acht Lanzen geordert", erzählt Produzent Todd
Black. "Wie sich schnell herausstellte, verschlissen wir
44 von ihnen an einem einzigen Tag."
[Foto: James Purefoy als Colville]
Des weiteren durchkämmte man die ganze Tschechische Republik
nach seltenen Kladruby-Pferden, beängstigend große
Tiere, deren Geschichte 700 Jahre zurückverfolgt werden
kann. Damals wurden sie vor königliche Kutschen gespannt.
Ohne weiteres kann man sie als mittelalterliches Gegenstück
zu Panzern beschreiben.
Aus England ließ man ein eigenes Miniteam anreisen, dessen
Spezialität die Zubereitung ungewöhnlicher Speisen
für Filme ist. Ihre Aufgabe für Ritter aus Leidenschaft:
ein formidables Mittelalter-Festmahl.
Ein Eisenschmiede-Spezialist unterrichtete Laura Fraser in der
Kunst der Hufeisen-Herstellung, aber die schottische Schauspielerin
gesteht: "Ich habe gelernt, so zu tun als ob, aber meine
meisten Hufeisen sahen ganz ehrlich eher aus wie Aschenbecher."
Heath Ledger spricht für das ganze Ensemble, wenn er hinsichtlich
des Aufwands der Produktion sagt: "Das Set war wie ein riesiger
Spielplatz für uns. Ich hatte bei diesem Film nicht nur
die Gelegenheit, mit einem tollen Ensemble zu arbeiten, sondern
konnte auch Pferde reiten, singen, tanzen und fechten, sowie
meine komödiantischen Talente einbringen und eigene Stunts
durchführen. Ein Traum für jeden Schauspieler."
Kostüme
Ausstatter Tony Burrough und Kostümdesignerin Caroline Harris
entwarfen eine Farbpalette, die unmerklich reicher und intensiver
wird, je mehr Erfolge William verbuchen kann. Die historischen
Kostüme von Harris, vor allem jene, die sie für Shannyn
Sossamon als edles Fräulein Jocelyn entwarf, könnten
jede noch so exklusive Modemeile der Welt vor Neid erblassen
lassen.
Zu ihren Kreationen gehört ein weißer, glockenförmiger
Mantel aus handgemachtem Filz, auf den mit goldenem Faden und
handbemalten Perlen Jocelyns Wappen gestickt wurde, ein handgefertigter
Hut mit einer Strohkrone und einer mit Goldfaden bestickten Krempe
sowie ein Jahrhunderte altes, besticktes Seidenkleid aus China.
Die gesamte Mode des Films entspricht dem modernen Stil des Films
und greift die Zeitlosigkeit der Geschichte, den unbezwingbaren
Willen ihrer Protagonisten und den unbesiegbaren Geist der Jugend
auf.
Beim Entwurf des Looks der männlichen Mitglieder der Gruppe
mittelalterlicher Außenseiter ließ man sich von einer
ungewöhnlichen Quelle inspirieren. "Brian und ich waren
sehr beeindruckt vom Look der Rolling Stones bei ihrer Tour im
Jahr 1972", verrät Caroline Harris.
Burrough kommentiert: "Für einen Film mit dieser ungewöhnlich
großen Fülle von Elementen recherchiert man ewig.
Man sammelt all die Illustrationen, liest die staubigen Bücher
und dann beginnt man, langsam mit ihnen zu tanzen. Man muss sie
dem Film anpassen und für das Publikum von heute funktionieren
lassen. Es gibt die historische Realität, dann gibt es das
Drehbuch und den Regisseur und schließlich die zeitgemäße
Betrachtungsweise, und alle widersprechen sich häufig in
höchstem Maße. Man muss alles ineinander fließen
lassen."
Stadionrock
Der faszinierendste Aspekt des Films ist der innovative Einsatz
klassischer Stadionrockmusik, vor allem aus den 70er Jahren,
der die Gefühle der Figuren intensiviert und damit auch
dem Film den Rücken stärkt. Rock dieser Ära ist
Musik für die rastlosen Massen voller Hoffnung - und genau
dieses Publikum ist es, das William/Sir Ulrich von Lichtenstein
bei seinen Triumphen bejubelt.
Der einzigartige Ton des Films wird gleich in den ersten Sekunden
etabliert, wenn Ritter aus Leidenschaft mit den Klängen
von "We Will Rock You" von Queen beginnt.
Die Härten und die Beschwerlichkeit von Williams Ausbildung
in den Kampfkünsten werden von "Low Rider"
von War begleitet. Bachman-Turner Overdrives "Takin'
Care of Business" ertönt, als William sich
als wahrer Anführer und echter Freund erweist. David Bowies
"Golden Years" erinnert das Publikum
daran, dass die erste Liebe ein magisches Erlebnis ist - egal,
in welchem Jahrhundert man sie erlebt. "Get Ready"
von Rare Earth unterstützt William dabei, für die launische
Jocelyn alles zu riskieren.
Und ihren großen Einmarsch in London, wo der Superbowl
der Ritterturniere stattfindet, haben William und seine Gang
zum Sound von "The Boys Are Back In Town"
von Thin Lizzy.
Brian Helgeland sagt: "Wir versuchen nicht, die Sequenzen
einfach beliebig mit Popsongs zu bestücken. All die modernen
Anspielungen, vor allem die Musik, sollen sich absolut organisch
in den Film fügen."
Der renommierte Choreograph Stuart Hopps, der im Film kurz als
Zeremonienmeister zu sehen ist, sah sich mit einer besonders
heiklen Aufgabe konfrontiert: Er musste einen Tanz erfinden,
der mit den artigen Schritten des 14. Jahrhunderts beginnt und
dann subtil in einen modernen Discostil des 20. Jahrhunderts
übergeht. Komponist Carter Burwell musste bei dieser Szene
gleichermaßen das ebenso mathematische wie musikalische
Puzzle lösen, die konträren Sounds der jeweiligen Zeit
zu einem harmonischen Ganzen zusammen zu fügen. Er löste
es dank des persönlichen Einsatzes von keinem Geringeren
als David Bowie selbst.
Das 13. Jahrhundert
Ritter aus Leidenschaft spielt in einer Zeit, in der
Tradition, Romantik und Abenteuer elementare Rollen spielten.
Zweifellos ist es einfacher, sich einen Film über das 13.
Jahrhundert anzusehen, als selbst in dieser Zeit gelebt zu haben.
Die komplette Zusammensetzung der europäischen Gesellschaft
wandelte sich im zwölften und 13. Jahrhundert, in großem
Maße wegen der Kreuzzüge. Im zwölften Jahrhundert
waren die Ritterturniere noch sehr krude, blutige Imitationen
realer Schlachten: Mit ihnen sollten die Krieger auf echte Kämpfe
vorbereitet und ihre Kampfeskünste verbessert werden.
Ritterturniere gab es in Europa vom frühen elften Jahrhundert
bis zum späten 16. Jahrhundert. Sieht man von den griechischen
Spielen ab, die später als Olympiade wieder aufgegriffen
wurden, waren die Lanzenduelle eine der ersten Wettkampfsportarten
überhaupt. Ritter aus der gesamten "zivilisierten"
Welt dieser Zeit reisten durch England, Schottland, Spanien,
Italien, Portugal, Frankreich, Belgien, Russland und Deutschland,
um ihre Kräfte miteinander zu messen.
Im gleichen Maße, wie sich die Gesellschaft veränderte,
wandelten sich auch die Ritterturniere. Die Regeln wurden verfeinert:
Es traten nicht mehr Alle gegen Alle gleichzeitig an. Vielmehr
gewannen Einzelkämpfe an Bedeutung, weil man das Können
der Beteiligten viel genauer verfolgen und beurteilen konnte.
Nach und nach wurden sie zu genau arrangierten und choreographierten
Zweikampf-Events, die vor den Augen der Edelfräuleins ausgefochten
wurden, denen die Ritter gefallen wollten.
Das Konzept der Ritterlichkeit erlebte seine Geburtsstunde und
wurde von der Literatur dieser Zeit ausgiebig gepriesen. Bei
den Zweikämpfen stellten die Ritter vor allem ihre Reitkunst
unter Beweis. Sicherheitsvorkehrungen und gesicherte oder gepolsterte
Waffen kamen zum Einsatz.
In der Zeit, in der Ritter aus Leidenschaft spielt,
waren die großen Ritterturniere längst ausgeklügelte
Spektakel, die nicht selten die Bühne für politische
und romantische Intrigen waren und wo Reichtümer und Karrieren
gemacht oder verloren werden konnten. Das Können eines Ritters,
seine Ehre und sein Benimm hatten die Wildheit der frühen
Tage ersetzt - auch wenn Tod und Behinderung nicht immer ausgeschlossen
werden konnten.
Prächtig gekleidete Damen feuerten die Turnierteilnehmer
in ihren scheinenden Rüstungen an. Große Paraden und
Bankette, wie man es in Ritter aus Leidenschaft sieht,
wurden am Rande als Beiprogramm veranstaltet. Die Kostüme
wurden genauestens geplant. Oft überreichten die Damen ihrem
auserwählten Ritter ein Zeichen ihrer Gunst, wie zum Beispiel
einen Schal, den der Kämpfer bei den Zweikämpfen für
jedermann sichtbar trug.
Draußen spielten Minnesänger ihre Lieder und Kaufleute
veräußerten ihre Waren und zweifelhaften Relikte.
Für die Zuschauer und die Beteiligten war es große
Unterhaltung. Die Events wurden zunehmend aufwändiger. Man
konnte die Aufregung förmlich spüren. Es ging um Spannung,
Geld, Gefahr und Spektakel. Und es ist nicht vermessen, wenn
man behauptet, dass die Ritterturniere von damals das Äquivalent
der Rockkonzerte, Superbowls, Weltmeisterschaften, des Mardi
Gras, der Neujahrsfeiern oder des Formel-1-Zirkus von heute waren.
Jedes Turnier war ein Festival, das man nicht verpassen durfte.
Die Regeln des Lanzenkampfs
Wer seinen Gegner mit der Lanze in den Brustbereich trifft, sodass
die Lanze zersplittert, erhält einen Punkt.
Wer seinen Gegner mit der Lanze in den Kopfbereich trifft, sodass
die Lanze zersplittert, erhält zwei Punkte.
Wer insgesamt drei Punkte erzielt hat, ist Gewinner des Duells.
Wer seinen Gegner mit einem Treffer vom Pferd holt, ist Gewinner
des Duells und darf obendrein das Pferd des Gegners behalten.
Teilnahmeberechtigt sind ausnahmslos Ritter - also nur Männer
von adeligem Geblüt.
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