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Intimacy


Produktionsnotizen

Szene In der ersten Stunde wie Casanova, in der zweiten wie ein Kind...

"Etwas Faszinierendes geschieht in diesem Zimmer, Woche um Woche. Er kann nicht wissen, was es sein könnte. Außerdem ist er sich nicht sicher, ob sie kommt; er traut ihr wie allen anderen Frauen zu, daß sie ihn im Stich läßt. Jede Woche überrascht sie ihn, bis er sich fragt, was sie abhalten könnte. Eines Mittwochs fährt kein Taxi vor. Drei Stunden lang steht er in Morgenmantel und Pantoffeln am Fenster und kommt sich in der ersten Stunde wie Casanova vor, in der zweiten wie ein Kind, das auf seine Mutter wartet, und in der dritten wie ein alter Mann."
(Hanif Kureishi: Nachtlicht)

"Ist er denn nach so vielen Lebensjahren, der teuren Erziehung, den Sprachen, von denen er glaubte, sie würden hilfreich sein, den Büchern und Zeitungen, die er gelesen hat, ist er nach all dem denn zu nichts anderem fähig als zur Liebe mit einer schweigsamen Fremden in einem abgedunkelten Zimmer?"
(Hanif Kureishi)

Die Entstehung

Plakat Die einzige Frage, die man nie beantworten kann, ist: Warum macht man diese und nicht jene Sache, diesen und nicht einen anderen Film? Aus welchem Grund entscheidet man sich für einen speziellen Roman? Manchmal ist es der Roman selbst, der dich auswählt.

Hanif Kureishi trat mit Stephen Frears' fantastischem Film My beautiful Laundrette (Mein wunderbarer Waschsalon, 1985) in mein Leben - und in das von vielen anderen. Das ist lange her. Danach hatte ich immer dann eine Art "Verabredung" mit ihm, wenn ein neues Buch von ihm erschien. Ich mochte "Der Buddha aus der Vorstadt" und "Das schwarze Album" sehr, und vor nicht allzu langer Zeit, zweieinhalb oder drei Jahre vielleicht, las ich "Blau ist die Liebe", einen Band mit Kurzgeschichten.

Szene Eines Tages, an einem frühen Morgen im April 1998 fand ich "Intimacy" (dt. Buchtitel: "Rastlose Nähe") in meinem Buchladen. Die Inhaberin erzählte mir, dass es gerade an diesem Morgen ganz frisch ausgeliefert worden sei. Ich kaufte es.

Ich musste an diesem Tag sehr weit rausfahren, um in den Vororten von Paris zu fotografieren. Ich war froh, dass es so weit war, weil mir auf diese Weise an jeder Ampel ein bisschen Zeit zum Lesen blieb. Als ich wieder zu Hause ankam, hatte ich das Buch durch. Ich beschloss, dass ich Hanif Kureishi kennen lernen wollte.

Szene Der erste Eindruck, den ich nach der Lektüre von "Rastlose Nähe" hatte, war, dass darin alles, was ich in allen bisherigen Büchern von Hanif gespürt hatte, noch präziser und stärker zum Ausdruck kam. Es war sehr viel ehrlicher und schonungslos ihm selbst gegenüber, aber auch auf brutale Weise klarsichtig und gelassen im Umgang mit einer sehr traurigen Geschichte.

Ich begriff, wie nah ich mich seinem Schreiben fühlte, seinem Sinn für Ironie und für Humor, und auch den Figuren, die er beschreibt und die meiner Generation entstammen. Von diesem Tag an stand für mich fest, dass ich mit diesem Autor, der mir etwas über mich selbst, über meine Generation und unsere Hoffnungen in den 70ern und 80ern zu erzählen verstand, zusammenarbeiten wollte. Mit diesem Autor, der versuchte, mir etwas über moderne Paare zu erzählen und darüber, was zwei Menschen zusammen vermögen oder auch nicht.

Szene Ich traf Hanif schließlich in London. Aber ich hatte meine Pläne geändert, seit ich direkt nach "Rastlose Nähe" zusammen mit Anne-Louise Trividic (die mit mir das Drehbuch geschrieben hat) noch einmal "Blau ist die Liebe" gelesen hatte.

Darin hatten wir eine sehr schöne Kurzgeschichte mit dem Titel "Nachtlicht" entdeckt: fünf oder sechs perfekt geschriebene Seiten, sehr prägnant und sehr präzise. Es ist die Geschichte eines Mannes, der total heruntergekommen ist, eines Mannes, der, wie in "Rastlose Nähe", seine Frau und seine Kinder verlassen hat. Er lebt nun sehr ärmlich in einer Londoner Souterrain-Wohnung und hat eine heimliche und schweigsame Beziehung zu einer Frau, die jeden Mittwoch zur gleichen Zeit zu ihm kommt. Sie lieben sich, ohne ein Wort miteinander zu wechseln.

Szene Das ist der Punkt, an dem die Geschichte beginnt. Uns stellten sich plötzlich viele Fragen: Wer sind die beiden? Was wollen sie und wie wird es ihnen gelingen ihre Beziehung fortzuführen? Ab welchem Zeitpunkt spielt die Liebe eine Rolle in ihrem "Liebesspiel"? Was bedeutet es, mit jemandem zu schlafen? eine Beziehung aufbauen? Und für wie lange? Anne-Louise und ich wollten versuchen, Antworten darauf zu finden. Deshalb haben wir das Drehbuch geschrieben und diesen Film gemacht.

Eine Kurzgeschichte ist dem Film häufig näher als ein Roman. Ich habe versucht, und ich weiß ehrlich nicht, warum - jetzt ist es getan, der Film ist fertig - ich habe versucht, diese zwei Geschichten miteinander zu verbinden, die Kurzgeschichte und den Roman. "Nachtlicht" war der Schlüssel, den ich brauchte, um die Tür zu "Rastlose Nähe", dem Roman, zu öffnen.

Heute sind Sie an der Reihe herauszufinden, ob Sie sich diesen zwei Figuren, Claire und Jay, nahe fühlen, und ob wir von ihnen etwas über uns selbst lernen können, darüber, wer wir heute sind.

(Aus einem Interview mit Christophe Honoré, Januar 2001)

Die Erzählweise

Szene "Ich wollte diese beiden Figuren einfach präsentieren, ohne sie näher einzuführen. Ohne zu wissen, wie sie sich kennen gelernt haben, sehen wir einfach einen Mann und eine Frau, die schon bereit füreinander sind. Ohne ein Wort. Zwischen ihnen gibt es keinerlei Beziehung außer der sexuellen. Ich habe bewusst das Risiko auf mich genommen zu sehen, wie lange es dauern würde, bis sich eine Liebesgeschichte entwickelt, bis sich bei ihnen ein Gefühl von Verliebtheit einstellt. Ich wollte, dass diese erste Zeitspanne lang ist. Diese Szenen sollen sich durch ihre Dauer festsetzen.

Szene Aber es ist eine Sache, vor den Dreharbeiten als Autor zu sprechen und zu sagen: "Ich möchte, dass meine Liebesszenen da anfangen, wo man sie normalerweise enden lässt", und eine andere Sache, sie dann wirklich zu drehen. Also habe ich mir zwei, drei einfache Regeln aufgestellt: in diesen Szenen niemals eine Schulter-Kamera zu benutzen, mich ganz strikt an das zu halten, was im Drehbuch steht, die Szenen wie eine Folge von Fragen und Antworten zu bauen, wie Dialoge, jede Geste sollte präzise auf eine andere Geste antworten.

Das ließ keinerlei Platz für Improvisation. Ich habe mit langen Einstellungen gearbeitet, oft mit Kamerafahrten, um der realen Dauer der Szene Rechnung tragen zu können, und den Schauspielern nichts ohne ihre Zustimmung zu rauben."

Die Darstellung der Sexualität

Szene "Der Film fragt danach, wie zwei Körper zugleich fremd und undurchlässig und miteinander intim sein können, wie das funktioniert, und von daher war die Länge der Sexszenen notwendig, das ist alles, was ich dazu sagen kann. In Wirklichkeit ging es mir nicht darum, irgendetwas speziell zu zeigen, sondern es ging mir lediglich darum, nichts zu verbergen. Was ganz und gar nicht dasselbe ist.

Auf diese Weise konnte die Kamera Dinge einfangen, die für mich von unschätzbarem Wert sind. Zum Beispiel zeigen sich wegen der Länge der Aufnahmen rote Stellen auf der Haut der Darsteller. Ich könnte stundenlang dabei zusehen, wie die Haut sich rötet oder grau wird, oder bei der physischen Anstrengung, oder ich könnte stundenlang den Abdruck einer Decke auf einem Rücken betrachten.

Es ist schön, die Emotion auf der Leinwand zu sehen, die Länge des Sexualaktes kann schön sein - nicht zwangsläufig erotisch, aber einfach schön - weil sich dabei vor unseren Augen unglaubliche Veränderungen in den Gesichtern und auf der Haut vollziehen."




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