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Chocolat
Eine Einführung in die Welt der Schokolade
So wie die Figuren, nimmt auch die Schokolade selbst im Verlauf
des Films viele verschiedene Charakterzüge an: Einmal teuflischer
Reiz, dann paradiesisches Vergnügen oder Heilmittel und
Trost für entsetzliche Sorgen. Immer ist sie ein Katalysator
für den Fortschritt und so Bedrohung für den Status
Quo.
Um besser zu verstehen, welche Rolle Schokolade schon immer
für Macht und Leidenschaft gespielt hat, studierte Juliette
Binoche alle Aspekte der Schokoladenproduktion und deren Geschichte.
"Ich habe Schokolade schon immer geliebt, aber in Chocolat
ist sie mehr als eine bloße Süßigkeit. Sie verkörpert
Leidenschaft, Zuneigung und ist ein Symbol für ehrliches
Mitgefühl zwischen Menschen," erklärt Juliette
Binoche.
Binoche besuchte mehrere berühmte französische Chocolaterien
und ging dann bei einem Meister seines Fachs, dem Schokoladenfachmann
Walter Bienz in die Lehre, um sich auf die Rolle der Vianne vorzubereiten.
Zusätzlich begann sie Konfekt aus allen Kontinenten zu sammeln
und beschäftigte sich intensiv mit den mittelamerikanischen
Ursprüngen der Schokolade, der 'Speise der Götter'.
"Ich fragte Joanne Harris, warum sie gerade Schokolade
als Katalysator für die Geschichte gewählt hat und
sie erzählte mir, dass Schokolade eine lange Geschichte
als Tauschobjekt hat," sagt Binoche. "Das hat mich
interessiert. Es gibt Schokolade in Asien, Afrika und Südamerika,
doch wenn man sie probiert, schmeckt sie überall ein wenig
anders und bringt ihre eigene spezielle Magie mit."
Berater Walter Bienz stimmt zu: "Ich habe immer an die
Kraft der Schokolade geglaubt. Sie ist sicher ein Aphrodisiakum
und kann Emotionen hervorbringen und verstärken - immerhin
ist fast jeder verrückt nach Schokolade." Von Bienz
lernte Juliette Binoche auch die Kunst des Schokolademachens.
"Es gibt mindestens fünfzig verschiedene Arten von
Schokolade und alles hängt davon ab, wie und bei welcher
Temperatur man sie verarbeitet," erklärt der Fachmann,
"das ist eine echte Kunst."
Binoche erlernete voller Enthusiasmus das nötige handwerkliche
Rüstzeug: Rühren, Erhitzen und Probieren. "Ich
habe die Arbeit mit der Schokolade richtig genossen," erklärt
sie begeistert. "Es ist faszinierend, diese dunklen Flüsse
von Schokolade zu sehen und zu wissen, wie man sie in alle nur
möglichen Köstlichkeiten verarbeiten kann."
"Walter Bienz gab uns eine Vorstellung davon, welch sinnliche
Erfahrung die Arbeit mit Schokolade sein kann," stimmt Leslie
Holleran zu. "Er schwärmt für sein Fach und ist
ein großer Philosoph, wenn es um Schokolade geht. Du redest
mit ihm und bist hinterher fest davon überzeugt, dass Schokolade
dein Leben verändern kann. Du glaubst, wenn du eins dieser
magischen Pralinés in deinen Mund steckst, bist du frei."
Eine kurze Geschichte der Schokolade
Die Geschichte der Schokolade, wertvoller Rohstoff und süße
Versuchung, ist voller widersprüchlicher Gerüchte und
Legenden. Immer wieder wurden den Früchten des Kakaobaums
mystische und heilende Kräfte zugesprochen, während
ihre Gegner sie als unmoralisch und gefährlich verdammten.
Um die Hauptfigur der Vianne fest in diesem Mysterium zu verankern,
vertiefte sich Drehbuchautor Robert Nelson Jacobs in die jahrtausende
alte Geschichte der Schokolade, die bis zu den Mayas und ihrer
"Speise der Götter" zurückreicht.
Schon bei den Mayas wurde der Kakaobohne eine heilende Wirkung
nachgesagt. Heute weiß man, dass einige in der Schokolade
enthaltene Substanzen die Blutgefäße und Bronchien
erweitern, die Schmerzempfindlichkeit reduzieren und anregend
auf den Kreislauf wirken.
Das in der Schokolade enthaltene Phenylethylamin
wird auch vom menschlichen Körper freigesetzt, wenn man
verliebt ist, vielleicht ein Grund, warum Menschen mit Kummer
so gerne zum tröstlichen Praliné greifen.
Schon seit mehr als 3000 Jahren ist der Kakaobaum in Mittelamerika
heimisch. Heute wachsen die bis zu 20 Meter hohen Bäume,
aus deren Früchten der Grundstoff für Schokolade gewonnen
wird, auch in Südamerika, Afrika und Teilen Asiens. Die
botanische Bezeichnung Theobroma Cacao heißt übersetzt
Speise der Götter.
Die Mayas benutzten schon 600 vor Christus die Kakaobohne, die
bei ihnen als sprichwörtliches Geschenk des Himmels galt.
Sie entwickelten als erste ein Getränk aus Kakaobohnen:
heiß und bitter, mit Wasser und Gewürzen hergestellt.
Für die Mayas hatten die Kakaobohnen auch magische Kräfte
und wurden von den Priestern bei religiösen Zeremonien und
für Heilungen benutzt. Als Medizin setzten die Mayas Kakao
bei Fieber, Husten und Problemen während der Schwangerschaft
ein.
Später verfeinerten die Azteken die Rezeptur der Mayas
und fügten dem Trunk Vanille und Honig zu. Sie nannten ihr
Getränk Xocoatl - bitteres Wasser. Von diesem Wort stammen
fast alle heutigen Bezeichnungen für Kakao und Schokolade
ab.
Nach einer aztekischen Legende reiste der Gott der Landwirtschaft
Questzalcoatl vom Paradies auf die Erde und brachte den Kakaobaum
zu den Menschen, um ihnen Weisheit und Kraft zu geben.
Schokolade stand bei den Azteken so hoch in Kurs, dass sie neben
Goldstaub als Zahlungsmittel benutzt wurde. So kostete ein Sklave
100 Kakaobohnen, eine Tomate 1 bis 2 Bohnen. Wurde ein Volk unterworfen,
musste es den fälligen Tribut in Kakaobohnen entrichten.
Nach der Eroberung durch die Spanier fand man Schatzkammern mit
Zehntausenden von Zentnern Kakaobohnen.
Obwohl schon Kolumbus die ersten Kakaobohnen mit nach Europa
brachte, wusste niemand etwas mit ihnen anzufangen, so dass sie
erst einmal zugunsten anderer Handelsprodukte vernachlässigt
wurden.
Europäer bekamen ihren ersten Geschmack von Schokolade
als der Eroberer Montezuma den Entdecker Cortes und seine Armee
mit einem heißen Schokoladentrunk empfing. Montezuma soll
vor jedem Besuch seines Harems einen Kakaotrunk zu sich genommen
haben.
Cortes erkannte als erster das enorme Handelspotential des Kakao.
Als er 1528 nach Spanien zurückkehrte, brachte er Rezepte
und Geschirr für den aztekischen Schokoladentrunk mit. Anfangs
wurden die Bohnen meist in Abteien verwahrt und die Rezepte als
Geheimnis behandelt, da man Angst vor der starken Wirkung hatte.
Der Zugang zur Schokolade war nur den reichen Adligen vorbehalten.
Die Spanier schotteten den Handel mit Kakao ab und hatten so
bis Anfang des 17. Jahrhunderts das Monopol auf den köstlichen
Rohstoff.
Anfang des 17. Jahrhundert brachten Reisende dann die Kakaobohnen
auch in den Rest Europas. Der Siegeszugs der Schokolade begann,
als Anfang des 18. Jahrhunderts erste Schokoladenhäuser
eröffneten. Sie waren schnell ebenso populär wie die
Kaffeehäuser. In England versuchte Charles II. diese 'Brutstätten
der Aufwiegelung' zu schließen.
Erst als gefährliche Droge eingestuft, kam die Schokolade
vor allem in Frankreich als Luxusartikel zu Ruhm und Ehren, hoffähig
gemacht durch Ludwig XIV.
Nach Deutschland gebracht wurde die Schokolade von Graf Wilhelm
von Lippe, der sie aus Portugal mitbrachte und Mitte des 18.
Jahrhunderts in Steinhude eine Schokoladenproduktion begann.
Die Idee, Schokolade mit Milch zu mischen, kam erstmals Sir
Hans Sloane, Leibarzt von Queen Anne. Er entwickelte das Rezept
und verkaufte es später an die Brüder Cadbury, die
mit ihrem Konfekt ein Vermögen machten.
Das 19. Jahrhundert markiert den Übergang zur industriellen
Fertigung. Johannes Van Houten, ein holländischer Chemiker,
erfand eine hydraulische Presse zur Herstellung feinen Kakaopulvers.
Damit war der Weg frei für die industrielle Massenproduktion.
Neben Van Houten und Cadbury entstanden überall in Europa
weitere Schokoladenfabriken, etwa Suchard und Stollwerck.
1998 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch an Schokolade in Deutschland
8,17 Kilogramm, jeder Deutsche gab im Schnitt DM 74,01 für
Schokolade in Form von Tafeln, Pralinés oder Schokoriegeln
aus. Damit sind die Deutschen nach den Schweizern die größten
Schokoladenkonsumenten.
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