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A. I. - Künstliche Intelligenz

Wie "A. I." entstand

Szene Künstliche Intelligenz - einerseits schon heute vielfach Realität und andererseits literarischer Spielplatz für Futuristen und Visionäre. Intelligente Maschinen können Kaffee kochen, den Verkehr regeln, im Internet etwas suchen und zahllose andere einfache Arbeiten erledigen, aber in "A. I." sind auch hochentwickelte künstliche Menschen aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.

Buch Der renommierte Science-Fiction-Autor Brian Aldiss verfasste seine Shortstory "Super-Toys Last All Summer Long" (Super-Spielzeug hält den ganzen Sommer) schon vor über 30 Jahren. Die Geschichte erschien 1969 in der Zeitschrift Harper's Bazaar und später in einer Story-Sammlung. Es geht darin um die nahe Zukunft: Ein Roboter-Kind bemüht sich, mit seiner menschlichen Mutter auszukommen.

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Brian W. Aldiss: Künstliche Intelligenzen.
Kurzgeschichten/Sammlung. Enthät den kompletten Supertoys-Zyklus, der als Vorlage zum Film diente.
Aufschlußreiche Einleitung von Aldiss über seine Beziehung zu Kubrick und Spielberg.
München: Wilhelm Heyne Verlag, 2001, ISBN 3-453-19100-5, DM 15,55, 368 seiten, 11.5x18.0 cm


Stanley Kubrick und Steven Spielberg

Gut zehn Jahre später kaufte Stanley Kubrick die Filmrechte an Aldiss' Geschichte und begab sich auf eine 20 Jahre währende Odyssee, um die Story in den Film "A. I." umzusetzen. Immer wieder beriet sich Kubrick mit Steven Spielberg, der sich 1979 mit dem im freiwilligen Exil lebenden Filmemacher anfreundete, als Spielberg in England "Raiders of the Lost Ark" (Jäger des verlorenen Schatzes) drehte. In den 20 Jahren ihrer Freundschaft haben sie sich nur selten persönlich getroffen, aber sie telefonierten regelmäßig stundenlang miteinander.

Szene [600] [1280] "Häufig haben wir uns im Lauf der Jahre nur angerufen, um uns mal zu melden und zu erfahren, was beiderseits des Atlantik so ablief", erinnert sich Spielberg. "In diesen 20 Jahren bin ich vielleicht ein Dutzend mal bei ihm zu Besuch gewesen. Und eines Tages sagte er dann am Telefon: 'Weißt du was, eigentlich solltest du A. I. inszenieren, ich übernehme für dich die Produktion.' Und er entwarf auf der Stelle die Formulierung für den Titelvorspann: Eine Stanley-Kubrick-Produktion eines Steven-Spielberg-Films."

Spielberg war völlig überrascht und fragte Kubrick, weshalb er die Zügel eines seiner ältesten und liebsten Projekte aus der Hand geben wollte. "Schockiert fragte ich: 'Warum würdest du das tun, Stanley?' Er antwortete einfach: 'Also, weißt du, ich glaube, der Film entspricht eher deiner Gemütslage als meiner.'"

Executive Producer Jan Harlan hat mit seinem Schwager Stanley Kubrick 30 Jahre zusammen gearbeitet - seit "Barry Lyndon" entwickelten die beiden viele Projekte gemeinsam, auch "Super-Toys Last All Summer Long".

Szene [600] [1280] "Stanley legte immer Wert darauf, Grenzen zu überwinden", sagt Harlan. "Er probierte ständig etwas Neues aus, denn er wollte mit der Kunst des Filmemachens in Bereiche und zu Themen vorstoßen, die filmisches Neuland darstellen. 2001 ist ein gutes Beispiel, auch Eyes Wide Shut: Der Film behandelte ein sehr emotionales Problem: Eifersucht. 'So gesehen ist jeder Zuschauer ein Experte', sagte Stanley einmal. Eigentlich wollte er A. I. vor Eyes Wide Shut drehen, aber dann kam einiges dazwischen."

Spielberg befand sich gerade in seinem Sommerhaus auf Long Island und nahm sofort das nächste Flugzeug nach England. Nach seiner Ankunft zeigte Kubrick ihm tausende von Storyboards, die der berühmte Comic-Illustrator Chris Baker (bekannt unter dem Künstlernamen Fangorn) gezeichnet hatte. Die beiden diskutierten daraufhin, wie sie das Projekt gemeinsam auf die Leinwand bringen könnten. Kubrick nahm Spielberg das Versprechen ab, strengstes Stillschweigen zu bewahren, und drohte ihm widrigenfalls "ernste Konsequenzen" an. Außerdem schlug er vor, dass Spielberg sich eine anzapfsichere Fax-Leitung ins Haus legen lassen sollte - auf diese Weise konnten sie sich direkt austauschen.

Obwohl sich Kubricks Version von "A. I." letztlich nicht realisieren ließ, entwickelte er das Projekt weiter. "Aus mehreren Gründen hielt Stanley Steven für den geeigneten Regisseur", fährt Harlan fort. "Steven ist in der Lage, mit einem realen Kind in der Hauptrolle zu drehen, denn er braucht für solch einen Film nur 20 Drehwochen. Stanley wusste genau, dass er selbst sicherlich ein Jahr gedreht hätte - das Kind wäre in dieser Zeit möglicherweise zu sehr gewachsen. Ein weiterer Grund: Stanley schätzte Steven als Filmemacher sehr - er stufte ihn als einen der ganz großen Filmemacher der nächsten Generation ein. Charakterlich unterscheiden sich die beiden total - der gemeinsame Nenner ist die große Begabung. Und weil die Zusammenarbeit an diesem Film schon so weit gediehen war, ist Spielberg der einzige Regisseur, der moralisch beanspruchen darf, diesen Film zu seinem eigenen zu machen."

Kubricks Ambitionen für das Projekt "A. I." machten es ihm unmöglich, wegen des Kinderdarstellers eine strikte zeitliche Begrenzung der Dreharbeiten zu akzeptieren.

Technische Notwendigkeiten

Außerdem hatte die Entwicklung der Special Effects noch nicht das technische Stadium erreicht, das Kubrick für die Umsetzung seiner "A. I."-Ideen voraussetzen musste. Sein Film "2001" gilt heute noch als eine der bedeutendsten Leistungen auf dem Gebiet der visuellen Effekte - dabei entstand er noch völlig ohne die Hilfe des Computers. Aber für "A. I." benötigte Kubrick aufwändige und sehr komplexe Trickverfahren.

Doch 1993 veränderte "Jurassic Park" die Situation mit einem Schlag von Grund auf.

Kubrick reagierte euphorisch auf den Durchbruch, der mit den visuellen Effekten in Spielbergs filmischem Meilenstein erreicht wurde. Er löcherte seine Kollegen, darunter Dennis Muren von Industrial Light and Magic, der für die Effekte in "Jurassic Park" verantwortlich war, mit Fragen zur Leistungsfähigkeit der immer wichtiger werdenden Computer-Technologie, die im Film so meisterhaft eingesetzt ist.

Muren gehört seit langem zu den versiertesten Entwicklern moderner Filmeffekte. Sehr bald saß auch er in einem Flugzeug nach London. "Nachdem wir 1993 mit Jurassic Park fertig waren, lud Stanley mich nach England ein, um ein neues Projekt zu besprechen, aus dem dann A. I. entstand", sagt Muren, der sich seine Oscars mit den Spezialeffekten zu Filmen wie "Terminator 2: Judgment Day" (Terminator 2 - Tag der Abrechnung), "E.T. - The Extraterrestrial" (E. T. - Der Außerirdische) und "The Empire Strikes Back" (Das Imperium schlägt zurück) verdient hat.

"Schon in den Jahren vorher hat er immer wieder angerufen, um technische Fragen zu diskutieren. Aber diesmal bat er mich, mit ihm gemeinsam etwas anzuschauen. Ich war über Thanksgiving bei ihm - er empfing mich also mit einem exquisiten Truthahnessen. Diese wunderbaren fünf Stunden werde ich nie vergessen."

Obwohl Kubrick davon angespornt wurde, dass die lange diskutierten Effekte-Probleme jetzt technisch endlich gelöst waren, entschied er sich dennoch dafür, die "A. I."-Produktion zunächst zu verschieben und "Eyes Wide Shut" in Angriff zu nehmen. Wie es sich herausstellte, wurde dies sein letzter Film.

Nach seinem Tod sprachen Harlan und Kubricks Frau Christiane Terry Semel an, der damals Chef bei Warner Bros. war, und baten ihn, das Projekt "A. I." wieder aufzunehmen und Spielberg die Regie zu übergeben. "Es wäre einfach im Archiv verstaubt, wenn Steven Spielberg nicht eingesprungen wäre", sagt Harlan.

Spielberg hat seit "Close Encounters of the Third Kind" (Unheimliche Begegnung der dritten Art) kein eigenes Drehbuch mehr verfasst. Dennoch entschied er sich, das Skript zu "A. I." selbst zu schreiben.

Drehbuch

"Ich erinnere mich: Als Steven mir die Story zu A. I. erzählte, wurde mir klar, dass wohl niemand sonst das Drehbuch schreiben konnte", sagt Produzentin Kathleen Kennedy. Sie arbeitet seit Ende der 70er-Jahre mit ihm zusammen - zunächst als seine Assistentin, bald schon als Produzentin und schließlich als Partnerin in der Firma Amblin Entertainment. Gemeinsam machten sie etliche der erfolgreichsten und berühmtesten Filme der Welt - von "E. T." über die "Indiana Jones"-Serie bis zu "Empire of the Sun" (Das Reich der Sonne), "The Color Purple" (Die Farbe Lila), "Jurassic Park" und anderen.

"In vielerlei Hinsicht verstand Steven sofort, was der Film bedeutet - dem Publikum, ihm selbst und vor allem auch, was er Stanley bedeutet hat. Ich glaube, es wäre ihm unmöglich gewesen, sich mit einem weiteren Autor zusammen zu setzen und zu erwarten, dass der begreift, was Steven im Kopf herumging."

"Ich hatte das Gefühl, als ob mir die Weisheitszähne zum zweiten Mal gezogen würden", sagt Spielberg über das Schreiben des Drehbuchs. "Denn Stanley schien neben mir auf der Stuhllehne zu sitzen und ständig zu sagen: 'Nein, so geht das nicht!' Ich kam mir vor, als ob mir ein Geist soufflierte. Am Ende habe ich meinen Respekt vor ihm nicht in allen Punkten gewahrt, denn ich konnte das Buch nur aus meiner Erfahrung heraus schreiben - nicht aus Stanleys. Dennoch ging ich wie ein Archäologe vor, ich setzte Bruchstücke einer vergangenen Zivilisation zusammen - Stanleys Vision."

Visuelle Vorlagen

Harlan stellte ordnerweise das Material zum Projekt zusammen - dazu gehörten auch die futuristischen Zeichnungen, die vom Konzeptkünstler Chris Baker stammten: Sie lieferten die Vorlage für den "A. I."-Look.

"Ich habe das Treatment zu A. I. mehrmals durchgelesen, aber dann hatte ich ziemlich freie Hand bei der Entwicklung meiner Ideen", erklärt Baker. "In diesem frühen Stadium hatte Stanley noch keine sehr konkreten Vorstellungen - im Grunde war ich dazu da, Ideen vorzugeben, von denen Stanley sich dann inspirieren ließ, um langsam auf eine Richtung einzuschwenken, die ihm gefiel. Das regelten wir alles per Fax und Telefon, nachdem wir uns anfangs ein paarmal getroffen hatten. Ich habe den Eindruck, dass unsere Beziehung recht gut funktioniert hat."

Auf diese Weise entstanden über einen Zeitraum von mehreren Jahren zum Beispiel jene Illustrationen, die schließlich das Aussehen der Filmstadt Rouge City, den Flesh Fair und das Haus der Swintons prägten. Spielberg hatte Bakers Entwürfe beim Schreiben und Inszenieren ständig vor Augen.

Produzentin Bonnie Curtis, die ebenfalls als Spielbergs Assistentin begann, gehörte in den vielen Jahren vor den eigentlichen "A. I."-Dreharbeiten zu den wenigen Eingeweihten, die von Spielbergs und Kubricks Gedankenaustausch wussten.

"Sechs Jahre lang war ich Stevens Assistentin - die Korrespondenz ging über meinen Schreibtisch, ausgenommen die Faxe, die Stanley ihm schickte. Kopien gab es keine, außer den beiden bekam sie niemand zu Gesicht. Steven und Stanley waren bei diesem Projekt ihre eigenen Assistenten."

Nach Kubricks Tod konzentrierte sich Spielberg mit aller Kraft auf "A. I. - Artificial Intelligence", denn in den zwei Jahren nach Abschluss von "Saving Private Ryan" hatte er sich auf kein neues Regieprojekt festgelegt. Er schrieb das Drehbuch in nur zwei Monaten und bereitete sich auf außergewöhnliche Dreharbeiten vor, die ihn mit etlichen bewährten Mitarbeitern erneut zusammen führen sollten.




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