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Three Kings
Durch die Wüste und im Irak
Aber wo sollte man "Three Kings" drehen?
Natürlich war es unmöglich, im Irak selbst zu drehen.
Also hielt man nach einer Wüstenlandschaft Ausschau, die
den Originalschauplätzen ähnelt. Die irakische Wüste
ist allerdings unverkennbar - es gibt dort weder Berge noch Bäume.
"Ich erinnere mich an die Bilder des Golfkriegs auf CNN",
sagt Roven. "Erstaunlich, wie flach der Irak ist - ein unendlicher
Horizont."
Neben der ebenen, baumlosen Wüste brauchte man aber auch
eine "Übergangswüste", um im Film Entfernungen
deutlich zu machen, wenn die Hauptfiguren sich in Richtung iranische
Grenze aufmachen.
All das fand sich schließlich in perfektem Nebeneinander
auf US-amerikanischem Gebiet. Drei Wochen lang drehte das Team
in den Sanddünen um El Centro/California. Die berglose Ebene
in Mexicali/Mexico lieferte den Hintergrund für die erste
Szene des Films. Und eine ausgediente Kupfermine in Casa Grande/Arizona
diente als Schauplatz, auf dem Produktionsdesignerin Catherine
Hardwicke das irakische Dorf und die Bunker errichtete.
Hardwicke fand die Arbeit mit Russell sehr spannend: "David
wollte, dass alles ungewöhnlich, auffällig aussah.
Wir haben also nicht einfach eine Stadt mit Krankenhaus, Polizeirevier
und Wohnblocks gebaut, sondern Höhlen, Moscheen mit Minaretten,
Festungen und unterirdische Bunker. Auf jedem einzelnen Set konnte
ich mich richtig austoben."
Es erwies sich allerdings gar nicht so einfach, Vorlagen für
die Bauten zu finden. Dazu Hardwicke: "Natürlich haben
wir uns bei CNN jede Menge Videos besorgt, die uns für den
Film nützen konnten. Was sie zeigten, war allerdings nur
eingeschränkt tauglich, denn wir mussten auch wissen, wie
ein Dorf auf dem Lande aussieht. In Architekturarchiven fanden
sich fast nur alte Fotos. Also haben wir zweimal Leute in den
Irak eingeschleust, die für uns fotografiert haben. Außerdem
stellten uns die irakischen technischen Berater und Statisten
ihre Privatfotos zur Verfügung. Man kann deren Wert gar
nicht hoch genug einschätzen: Sie vermittelten uns die Atmosphäre
des heutigen Irak.
Das größte Set des Films war der Dorfplatz. Russell
wollte ihn geräumig, denn auf ihm konzentriert sich ein
Hauptteil der Handlung. Catherine Hardwicke entwickelte hier
großen Ehrgeiz, Russells Vorgaben mit der Umsetzung der
ihr vorliegenden Fotos zu kombinieren: "Uralte Moscheen
habe ich direkt neben abgewrackte moderne Nutzbauten gestellt."
Auch die Bunker entstanden als abgedrehtes Design-Sammelsurium.
Hardwicke weiter: "David wollte zeigen, wie im Irak das
einfache Leben in den abgelegenen Dörfern mit der modernen
Technologie und den Auswüchsen der Wegwerfgesellschaft zusammenprallt,
die als Kriegsbeute aus dem reichen Kuwait ins Land kommen. Die
Bunker haben entsprechend ein sehr rohes, provisorisches Aussehen:
Leitungen liegen über Putz, überall wird angeflickt,
elektrische Geräte sind höchst fahrlässig und
planlos installiert, aber überall in den Räumen lagern
stapelweise Delikatessen der Haute Cuisine, Handys und andere
Luxusartikel, die oft völlig nutzlos sind."
Diese Requisiten spielen eine bittere Rolle, als Troy in einem
Bunker gefangengesetzt wird. Er kann zwar nicht entkommen, aber
er fischt ein vergessenes Handy aus einer Kiste, ruft seine Frau
in Detroit an und versichert sie seiner Liebe. Als später
die Militärfahrzeuge der Amerikaner ihren Geist aufgeben,
besorgen sich die GIs eine erstaunlich zusammengewürfelte
Armada von Luxuskarossen, mit denen sie die Wüste durchqueren.
"Die Zuschauer werden diesen Krieg mit anderen Augen sehen",
sagt Catherine Hardwicke. "Denn wir zeigen bestimmte Situationen
durchaus authentisch, aber sie erscheinen eben völlig anders
als das, was das Publikum erwartet."
Dreharbeiten: Die Farbe des Krieges
Ganz bewusst wählte Regisseur David Russell drei optisch
klar unterscheidbare Stilrichtungen für die drei Teile der
Handlung, um sie deutlich voneinander abgrenzen.
"Am Anfang des Films erleben wir die Soldaten auf einer
Party, im nächsten Moment brettern sie mit einem Geländewagen
in ein Dorf, um Gold zu rauben. Bald darauf überschlagen
sich die Ereignisse, die sie nicht vorhersehen konnten, die ganze
Aktion läuft aus dem Ruder. Diese irre Situation will ich
in der Optik des Films spiegeln, ich will das Publikum aufrütteln."
Wie man dieses Gefühl der Haltlosigkeit, der Entwurzelung
optisch umsetzt, erklärte Kameramann Newton Thomas Sigel
dem Regisseur: "David und ich waren uns einig, dass der
Film am Anfang, also am Ende des Krieges, in den Bildern hart
und farblos wirken sollte - eben wie eine Dokumentation, wie
wir sie alle im Fernsehen gesehen haben."
"Mir ging es auch darum, die Ernüchterung der Soldaten
am Ende des Krieges symbolisch auszudrücken", sagt
Russell.
Sigel erklärt: "Zu diesem Zweck haben wir ein Verfahren
namens Bleach Bypass angewendet: Jedes Filmmaterial wird beim
Entwickeln in mehreren Stufen gebleicht. Und wenn man eine dieser
Stufen auslässt, bleibt eine Schicht Silber auf dem Negativ."
Auf ihrer Schatzsuche werden die vier Soldaten dann mit Menschen
und Situationen konfrontiert, mit denen sie nicht umgehen können,
weil sie während des gesamten Krieges in ihrem Quartier
in der Etappe isoliert waren. "David wollte eine Stimmung
erzeugen, die Fremdheit ausdrückt - plötzlich nimmt
man alles zugleich war, weil alles anders aussieht als gewohnt",
sagt Sigel. "Also wechseln wir in diesem Moment das Filmmaterial
und benutzen Ektachrome, genau den Film, den die Leute in ihrem
Fotokameras verwenden."
"Als Material für Spielfilme ist es aber wirklich
nicht gut geeignet. Wir haben graue Haare dabei bekommen",
gibt Russell zu. "Aber es bescherte uns unglaubliche, surreale
Farben; auf diese Weise kann man wunderbar zeigen, wie orientierungslos
unsere Soldaten zu diesem Zeitpunkt der Handlung sind."
Im dritten Akt bekennen sich Archie, Troy, Chief und Vig zu
einem moralisch integren Vorgehen. Dazu Sigel: "Sie sind
nun bei sich selbst angekommen. Jetzt benutzen wir wieder das
Filmmaterial vom Anfang, aber mit etwas satteren Farben, dadurch
sehen die Bilder wärmer und freundlicher aus."
Russell empfand das Ende der dreieinhalbmonatigen Dreharbeiten
zu "Three Kings" wie den hart erkämpften
Sieg in einer Schlacht: "Wir standen alle unter erheblichem
Stress, es war tierisch heiß, in vielen Sandstürmen
haben wir reichlich Staub geschluckt - aber alles das für
einen Film, den das Publikum hoffentlich als ansprechend, packend,
aufrüttelnd, komisch und bereichernd erleben wird. Wenn
wir das geschafft haben, dann ist das für mich ein großer
Sieg."
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