Unterstützen Sie Kinoweb. Klicken Sie unseren Sponsor.
Sleepy Hollow - Köpfe werden rollen
Die perfekte Illusion: Am Set
Die Dreharbeiten begannen in England am 20. November 1998 in
den Tonateliers der Leavesden Studios, wo Produktionsdesigner
Heinrichs und seine Mannschaft das prachtvolle Gutshaus der Van
Tassels und den umliegenden Obstgarten kreierten.
Die gesamte Besetzung sowie 75 Komparsen in kunstvollen zeitgenössischen
Kostümen versammelten sich dort für das alljährliche
Erntefest und die Ankunft Ichabods (Johnny Depp) in Sleepy Hollow.
Für einige Wochen wurden die Dreharbeiten auf dem Van-Tassel-Gut
fortgesetzt, bis die Produktion in die Shepperton Studios umzog,
wo die Filmemacher den beeindruckenden Westwald konstruierten.
Der Wald und der Todesbaum
"Der Wald sollte eine große visuelle Kraft haben,
ein Ort, vor dem sich Kinder instinktiv fürchten",
sagt Heinrichs. Unter seiner Leitung formten der überwachende
Art Director Les Tomkins und Art Director Ken Court mit einer
festen Crew von über 70 Arbeitern dieses verzauberte und
unheilvolle Set über einen Zeitraum von zwölf Wochen.
Zehn Meter hohe Bäume aus Kunstharz und Stahl wurden anhand
von Gußformen der Eichen im Windsor Great Park hergestellt,
für die echte Zweige unter der Aufsicht des Forstamtes gesammelt
und geliefert wurden.
Das Herzstück des Waldes ist der Totenbaum. Seine wuchtigen
Äste sind weitreichend verknotet und sehen, Heinreichs zufolge,
so aus "als ob ein Todeskampf in einer Holzskulptur eingefangen
wurde." Der 'Totenbaum' ist die Ruhestätte des kopflosen
Reiters - ein Tor zwischen unserer Welt und dem Jenseits. Die
Struktur wurde aus Polyethylen gefertigt und dann mit Schichten
von echter Baumrinde, Moos und Zweigen versehen.
Der Ort Sleepy Hollow
Das ausgefeilteste und ambitionierteste Set des Films ist der
Ort Sleepy Hollow selbst, der auf 20 Ackern englischen Privatgrunds
(dem Hambleden-Besitz) im Lime Tree Valley, eine Autostunde nördlich
von London, errichtet wurde.
Als Burton und sein Team den Standort das erste Mal inspizierten,
fanden sie eine makellose Wiese und einen Ententeich vor, von
unzähligen Bäumen umgeben. Ein Team von 80 Bühnenbauarbeitern,
Ingenieuren, Malern, Formgießern und Handwerkern arbeitete
vier Monate lang, um zwölf Wohneinheiten, einige davon mit
detaillierten Innenräumen, anzufertigen.
Die Kollektion von zeitgenössischen Bauten, die Heinrichs
als 'kolonialen Expressionismus' charakterisiert, umfaßt
eine überdachte Holzbrücke, eine Kirche, einen Krämerladen,
eine Arztpraxis, ein Gasthaus, einen Schmied, ein Notarbüro,
eine Bank, eine Windmühle und mehrere Privathäuser.
"Entgegen dem Sleepy Hollow der Originalvorlage von Washington
Irving - der den Ort als verschlafene holländische Idylle
beschreibt - wollten wir ein Gefühl von erschreckender Ominösität
heraufbeschwören." Was zweifelsohne gelungen ist.
Allein das englische Wetter machte der Crew schwer zu schaffen:
Aufgrund heftiger Regenfälle spülten reißende
Wasserfluten mitten durch den Ort und ließen das Equipment
und die Arbeiter in knietiefem Schlamm stecken, so dass man extra
Straßen bauen und sogar ein Entwässerungssystem errichten
mußte.
Studios
Später kehrte die Produktion in die Leavesden Studios zurück,
wo zwischenzeitlich eine Vielzahl von Sets errichtet worden waren,
darunter eine Höhle, eine hydraulisch angetriebene Windmühle
und ein Justizgebäude in New York City mit mittelalterlichen
Foltervorrichtungen, die von Burton, Heinrichs und Spezialeffekte-Supervisor
Joss Williams entworfen wurden.
Die Windmühle bestand aus einer Kombination von Innen-
und Außenbauten, sowohl in voller Größe als
auch im Miniaturformat. "Es gibt keine Windmühle in
den Referenzbüchern, die wie unsere aussieht", meint
Heinrichs. "Die Flügel gleichen reinen Tim Burton Fledermausflügeln."
Das größte Tonatelier in Leavesden (Bühne A)
wurde fast jede Woche neu gestaltet, um es von einem sonnendurchtränkten
Regenwald über ein braches Feld mit Heuhaufen zu einer schneebedeckten
Einöde zu verwandeln. Selbst die in den Deckenstreben nistende
Vogelfamilie wurde von diesem rasanten Wechsel der Jahreszeiten
getäuscht: Als Bühne A für die Winterlandschaft
hergerichtet wurde, flogen die Vögel nach nebenan zur Bühne
B, wo die Designer einen farbenfrohen Kirschgarten für die
Frühlings-Traumsequenzen entstehen ließen.
Um den jeweils charakteristischen Himmel im Studio zu kreieren,
versah Lubezki die Bühnen mit hunderten an der Decke befestigten
Scheinwerfern (space lights), die individuell von einer Dimmerkonsole
kontrolliert werden konnten. Vor jeder einzelnen Aufnahme verbarg
die Trickeffektemannschaft die Lichter mit dicken Nebelschwaden
und Rauch, um so die Illusion von Dunst und Himmel zu erzeugen.
Straßenszenen
Um die Szenen in den Straßen vom alten New York City zu
drehen, belegten die Filmemacher zwei Straßenblocks beim
historischem Somerset House nahe Londons. Die Szene erforderte
zeitgenössische Fahrzeuge, ebensolche Requisiten und hunderte
von Komparsen, die von Kostümdesignerin Colleen Atwood elegant
ausstaffiert worden waren.
Kostüme
"Unser Set war lediglich ein Hintergrund für Colleen
Atwoods wunderschöne Kleider", meint Heinrichs. Für
Sleepy Hollow konzentrierte Atwood ihre Nachforschungen
auf zeitgenössische Bilder und Bildbeschreibungen in Büchern
von Kostümen. "Da dieser Film keine Geschichtsstunde
sein will, hielt ich die Arbeit aber sehr impressionistisch",
kommentiert Atwood.
In der Eröffnungsszene trägt Depp die schicke Uniform
eines Constables. Nachdem Ichabod seine Reise nach Sleepy Hollow
angetreten hat, trägt er dasselbe Kostüm in verschiedenen
Phasen - eine lange schwarze Taillenjacke mit handgenähter
Gold-Paspelierung und handgedrucktem Innenfutter aus Seide, welches
bei jeder Bewegung das Licht zurückwirft.
"Damals besaßen die Leute nicht viel Kleidung, außer
wenn sie unglaublich reich waren", führt Atwood aus.
"Ichabods Kostüm sollte minimal, schnittig und lang
wirken und ein schattenhaftes Gefühl um seinen Charakter
erzeugen."
Die aufwendigsten Kostüme wurden jedoch von den Bewohnern
Sleepy Hollows getragen. Jedes einzelne wurde von Atwood und
ihrem Stab aus speziell gewählten Stoffen hergestellt. "Sie
sind Landbewohner, die dem aktuellen Trend etwa fünf Jahre
hinterherhinken", erzählt die Designerin. "Doch
mit einem Maximum an Verzierungen und Zubehör möchten
sie ihren Wohlstand zur Schau tragen."
Die extravagantesten Roben gehörten Lady Van Tassel (Miranda
Richardson). "Sie war eindeutig die Dorfkönigin."
Eines von Atwoods Favoriten ist das schwarzweiße Kleid,
das Lady Van Tassel in der Verfolgungsszene des Showdowns trägt.
"Die Anfertigung war eine riesige Arbeit, aber es hat sich
gelohnt: Die Art, wie Miranda Richardson das Kleid trägt,
ist einfach umwerfend. Die ursprüngliche Inspiration für
das Design war Waldrinde. Miranda erfaßte wie von selbst
die Komposition des Kleides, die von hell zu dunkel reicht. Wenn
sie darin lief, bewegte sie sich so, dass das Lichtspiel im Kostüm
wunderbar zur Geltung kam."
|