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Mission to Mars
Die Illusion der Schwerelosigkeit
"Echte Astronauten, die ich kennengelernt habe, haben diesen
Blick in ihren Augen", erzählt Tim Robbins. "Er
ist anders als irgendein Blick, den ich in den Augen von anderen
Menschen gesehen habe. Sie haben etwas gesehen, das niemand anderes
gesehen hat, und sie waren an einem Ort, wo niemand anderer gewesen
ist. Sie haben die Erde gesehen - von oben. Und daher ist ihre
Auffasssung von unten und oben anders."
Connie Nielsen erinnert sich: "Mit einem Mal gibt es kein
Oben oder Unten mehr. Es ist ein seltsames Konzept. Alles ist
möglich."
Lediglich zwei Szenen in Mission to Mars finden auf
dem Planeten Erde mit der Schwerkraft, wie wir sie kennen, statt.
Kameramann Steve Burum, der seit langem mit De Palma zusammenarbeitet,
führt aus: "Ich denke, das wichtigste Ding für
Brian ist immer die Orientierung - wo die Figuren sind und wo
sie in Relation zueinander stehen. Er spricht immer von Perspektive."
De Palma war entschlossen, einzigartige Wege zu finden, den
Weltraum zu filmen. Er sagt: "Man muss ein neues visuelles
Äquivalent finden, um dem Publikum glaubwürdig zu zeigen,
wie es sich anfühlt, sich in der Schwerelosigkeit zu bewegen.
Man könnte das mit einem Film über eine blinde Person
vergleichen, wenn man versucht, dem Publikum ein Verständnis
zu vermitteln, wie es ist, im Dunkeln durchs Leben zu navigieren,
oder wenn man taub ist, ohne Geräusche.
Man muss die Zuschauer in diese neue Welt hinein versetzen,
in der dieses Abenteuer stattfindet. Man muss diesen Sinn von
Raum als sehr desorientierend vermitteln. Wir haben versucht,
dies während all der Aufnahmen zu erzielen, in denen sie
im Raumschiff zum Mars fahren. Wir wollten auch wissen, wie es
wohl ist, ganz allein im Weltraum zu sein oder zu versuchen,
von einem Schiff zum anderen zu gelangen."
"Wir mussten die Illusion von Schwerelosigkeit geben",
berichtet Burum. "Brian ist sehr anspruchsvoll bei dieser
speziellen Sache, aber indem wir einen ferngesteuerten Super-Techno-Kran
benutzten, konnten wir die Kamera praktisch überall anbringen
und sie überall in jeder vorhandenen Dimension schwenken.
Wir konnten jederzeit überall sein.
Es gab Zeiten, da wollten wir desorientierend sein, und es gab
andere Momente, da wollten wir, dass das Publikum genau weiß,
wo es sich befindet. Das half uns, die Illusion der Schwerelosigkeit
hervorzurufen.."
Mission to Mars zeigt jede Menge Aufnahmen, die sich
bei Schwerkraft Null (Schwerelosigkeit) abspielen. Ob sie nun
schwerelos durch das Mars Recovery Schiff schweben oder EVA (extravehicular
activity - Raumlaufen) betreiben, die Schauspieler, die die Mannschaft
der Rettungsmission porträtieren, verbrachten viel Zeit
damit "rumzuhängen".
Der legendäre Astronaut Story Musgrave, der bis dato mehr
EVA-Stunden angehäuft hat als irgendjemand sonst, war für
die meisten der Schwerkraft-Null-Szenen am Set zugegen. Er arbeitete
eng mit den Schauspielern, um ihnen zu helfen, eine Reihe von
Techniken, die Schwerelosigkeit imitieren, zu beherrschen und
das richtige Gefühl fürs Schweben zu erzielen.
Tim Robbins sagt: "Am wichtigsten war es, die Bewegung
der Schwerkraft Null zu lernen, in der nichts allzu schnell geht.
Wenn man etwas zuwarf und ich versuchte, es zu fangen, konnte
ich nur in einer bestimmten Geschwindigkeit reagieren."
Die Besetzungsmitglieder, die auf der Mars Recovery tätig
waren, mussten für den Film in unglaublich guter körperlicher
Verfassung sein. Sie alle arbeiteten mit Fitnesstrainern, um
das erforderliche Fitnesslevel zu erreichen, das für die
Stunts und die Schwerelosigkeit simulierenden Spezialeffekte
erforderlich war. Sie mussten vor allem ihre Bauch-, Rücken-
und Beinmuskeln trainieren. "Ich würde sagen, dass
sie alle tapfere Krieger waren", berichtet Tom Jacobson.
Und tatsächlich übernahmen die Schauspieler einen Großteil
ihrer eigenen Stunts.
De Palma war von ihrer Arbeit sehr angetan. "Wir hatten
eine wundervolle Besetzung. Nicht nur waren sie alle brillante
Schauspieler, sondern es gab auch eine Menge ermüdender
Aktivitäten, die sie übernehmen mussten und mit der
Grazie und Konzentration eines Tänzers vollbrachten. Sie
probten hart und verbrachten viel Zeit mit dem Spezialeffekte-Team
und den Stuntleuten, um ihre Reise zum Mars überzeugend
zu gestalten. Wie die Schauspieler vergangener Tage, die Tanz
studiert hatten, nahmen diese Schauspieler ihre Aufgabe aufgrund
ihrer Theaterausbildung sehr ernst und berieten sich ständig
mit unseren NASA-Leuten, um sicherzugehen, dass jede Bewegung
korrekt war. Das sagt eine Menge über ihre Überzeugung
und ihr Engagement für den Film aus."
Der Schwerkraft-Null-Effekt wurde auf verschiedene
Arten erzeugt. Eine ältere Technik, die in die dreißiger
Jahre zurückdatiert (tatsächlich wurde sie von Elmendorfs
Großvater angewendet, um die geflügelten Affen in
The Wizard of Oz ("Das zauberhafte Land",
1939) fliegen zu lassen), wurde für Mission to Mars
verbessert. Eine kleine zwei Fuß mal vier Fuß große
Kiste, "Hundehütte" genannt, wurde hoch über
dem Set mit Präzisionskugelrädern in die Spuren eines
tragenden Metallbalken gehängt, um eine glatte Fortbewegung
sicherzustellen. Im Inneren der Vorrichtung benutzten die Techniker
ein Lenkrad, um das Drehen der Schauspieler zu kontrollieren,
die an Drähten hingen.
Beide beratende Astronauten, Joe Allen und Story Musgrave, testeten
die Vorrichtung. Musgrave bestätigt, dass sie den Übungsvorrichtungen
ähnelte, aber bequemer und realistischer war. Allen sagt:
"Man kann tatsächlich eine Haltung erlangen, die der
eines raumlaufenden Astronauts gleichkommt. Ich war überrascht,
wie täuschend echt es aussah."
Saltos an Drahtseilen
Elmendorf baute außerdem eine hydraulische Pumpe, um die
Astronauten heben und senken zu können. Er benutzte auch
Wippen, auf denen die Schauspieler mit festgeschnallten Beinen
standen. Von dort konnten die Schauspieler auf- und abwippen
und sich gleichzeitig auch drehen.
Sinise war das einzige Besetzungsmitglied, das tatsächlich
die Erfahrung der Schwerkraft Null gemacht hat, als er beim Filmen
von Apollo 13 (1995) für 25-Sekunden-Ausbrüche
in der KC135 Flugmaschine (sie wird liebevoll "Vomit Comet
(Kotzkomet)" genannt, aufgrund der unangenehmen Reaktionen,
die die meisten Leute bei der Rückkehr zur Schwerkraft empfinden)
schwerelos war.
Mission to Mars erforderte von Gary Sinise und seinen
Kostars die Simulation der Schwerkraft Null für einen Großteil
der Dreharbeiten. In einer Szene machte er volle Saltos in den
Drahtseilgurten. "Es ist schwierige, körperliche Arbeit",
erzählt Sinise. "Es ist viel schwieriger, als sich
tatsächlich in der Schwerelosigkeit zu befinden, denn hier
unten wiege ich 170 Pfund und in dieser Gurtaufhängung verteilt
sich all diese Kraft. Ich würde es viel lieber in echter
Schwerkraft Null als mit den Drähten filmen, doch aus offensichtlichen
Gründen konnten wir nicht in den Weltraum reisen, um all
die Schwerelosigkeits-Szenen des Films zu drehen", sagt
er.
Jerry O'Connell begann mit seinem Training fünf Monate
vor Beginn der Dreharbeiten. Er macht stolz auf diesen Umstand
aufmerksam und sagt aufgrund der Erfahrung: "Ich befinde
mich in der besten körperlichen Verfassung meines Lebens.
Ich war nie zuvor körperlich so fit." O'Connell machte
die körperlichen Anstrengungen, die seine Rolle erforderte,
jede Menge Spaß, doch er läßt sich auch die
Anmerkung nicht entgehen, dass er etwas mehr als seine Kollegen
zu ertragen hatte.
"Da ich der junge Spund am Set war, wollte Brian (De Palma)
ein paar verrückte schwerelose Kamerabewegungen machen und
beschloss, dass jemand mit dem Kopf nach unten hängen sollte.
Natürlich war ich derjenige, der dafür ausgewählt
wurde", witzelt er.
Einer von O'Connells Stunts verlangte danach, dass er auf dem
Step Master lief, während das dreistöckige Mars-Recovery-Unterdeck-Labor
sich drehte. Er musste sich losschnallen und dann die Leiter
hinaufklettern und anschließend den Rest der Sequenz auf
dem Kopf stehend verbringen. Er sagt: "Es war super. Je
mehr Zeit verging, fing ich allerdings an zu fühlen, wie
die Venen in meinem Gehirn anfingen zu platzen und mir mein Essen
hochkam. Aber, was soll's. Der Schmerz ging vorüber, der
Film bleibt für immer", lächelt er.
Obwohl sie in bester körperlicher Verfassung ist, gibt
Connie Nielsen zu, dass es schwierig war mit den Drahtaufhängungen
zu arbeiten. "Im ersten Monat drückte und schmerzte
es mich tagtäglich am ganzen Körper. Doch wir machten
auch Krafttraining, damit wir die Anstrengungen länger und
länger aushalten konnten. Jeden freien Moment trainierten
wir, um Muskeln zu bilden und körperlich mehr ausbalanciert
zu werden."
Schwerelos Tanzen
Wie ihre Co-Stars beriet auch Nielsen sich oft mit Story Musgrave
und lernte viel über die Bewegung in der Schwerelosigkeit,
darunter auch, wie man in diesem Zustand tanzen könnte.
"Dein Körper geht automatisch in diesen speziellen,
freifließenden Zustand über. Anscheinend stellt sich
der Körper auf diese Form ein. Deine Beine fließen
nach hinten hoch und deine Hände schweben nach oben, da
sie schwerelos sind. Nichts hält dich fest. Die Drähte
nehmen viel Gewicht ab, dennoch mussten wir versuchen, es mühelos
aussehen zu lassen."
Terris und Woodys spektakulärer Tanz in der Schwerelosigkeit
wurde von dem renommierten Choreographen Adam Shankman arrangiert,
der ebenfalls eng mit Story Musgrave arbeitete. Der ehemalige
Astronaut sagt: "Ich glaube, wir haben die beste und schönste
schwerelose Tanzszene im Film oder sogar überhaupt dort
oben produziert," und zeigt auf den Himmel. "Wir haben
jeden einzelnen Finger und jeden Zeh choreographiert."
Insgesamt benötigte man 16 Spezialeffekte-Techniker, um
die Tanz-Sequenz zu orchestrieren. Sie waren nötig zur Steuerung
der "Hundehütten" und dem Ziehen der Flaschenzüge
für die Drahtseilarbeit. Außerdem mussten sie in der
erstaunlichen Szene Kranarme für die Wippen bedienen, denn
während Tim Robbins und Connie Nielsen tanzen, schwebt Gary
Sinise in seine Space-Kajüte und O'Connell verbringt die
Szene auf dem Kopf stehend.
"Wir hatten viel Glück, mit dieser Besetzung zu arbeiten",
erzählt Habberstad. "Sie waren lernbereit und haben
sich nie darüber beschwert, proben zu müssen oder stundenlang
in die Gurtaufhängungen geschnallt zu sein."
Er bemerkt, dass Gary Sinise eine Art Rekord gebrochen hat.
"Er hält den Rekord dafür, dass er die längste
Zeit an einem Stück in den Seilen hing. Er übertraf
selbst die Stuntleute. Er hing da mehr als dreieinhalb Stunden,
ohne jemals runterzukommen. Ich schätze, dass dies die längste
Zeit ist, die jemals jemand bei einem Film von den Seilen gehangen
ist - es gibt selten einen Grund für jemanden, so lange
angeseilt zu sein", meint er. "Aber mit diesem über
60 Pfund schweren Raumanzug war es für ihn während
der Vorbereitungen angenehmer, dort oben zu bleiben als es sich
auf dem Boden bequem zu machen."
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