Unterstützen Sie Kinoweb. Klicken Sie unseren Sponsor.
Verlorene Liebesmüh'
Shakespeare als Romantische Swingkomödie:
Beschreibung einer Verwandlung
Das Stück und das Drehbuch
Ein Shakespeare-Stück in eine romantische Swingkomödie
zu verwandeln, stellte sich als große Herausforderung für
Branagh dar.
"Mein Ziel war es, eine musikalische Struktur zu finden,
die das Gefühl eines echten Musicals vermittelt, so daß
die Songs bzw. Tanznummern dem Publikum organisch und sinnvoll
in die Handlung eingegliedert erscheinen. Die Einlagen sollten
die Handlung vorantreiben oder das Verständnis der Figuren
befördern, und das ist es, was anfangs so viel Zeit brauchte
- das Aussuchen der Songs."
Bei der Adaption von Shakespeares Originaltext hat Branagh einige
Szenen umgestaltet, viele Stellen gekürzt und die Handlung
gestrafft, aber die Struktur des Stücks ist im wesentlichen
erhalten geblieben.
"Wir haben das Stück zurechtgestutzt," kommentiert
er. "Wir haben die Teile herausgeschnitten, die für
die Zeitgenossen des Jahres 1596 von Relevanz gewesen sind, im
heutigen Kino aber schwieriger zu vermitteln sind."
Sein literarischer Berater, Russell Jackson vom Royal Shakespeare
Institute, der mit Branagh bereits an Heinrich V., Viel
Lärm um Nichts und Hamlet arbeitete, formuliert
es so: "Das Drehbuch beinhaltet etwa 25-30 Prozent der Wörter
des Stücks, und wir bedienen uns anderer Medien, um einiges
von dem auszudrücken, was an der jeweiligen Stelle im Originaltext
durch Worte vermittelt wird. Zum Beispiel gibt es dort eine Szene,
wo die Männer allesamt heimlich Gedichte an ihre Angebeteten
schreiben. Hier hat Ken die ganzen Gedichte durch ein einziges
Lied ersetzt: 'I've Got A Crush On You'".
Törichte Dinge
Verlorene Liebesmüh' wurde in den neunziger Jahren
des 16. Jahrhunderts geschrieben, und das Stück wurde erstmals
1598 veröffentlicht. Die inhaltliche Grundidee, daß
Männer und Frauen törichte Dinge tun, wenn sie verliebt
sind, und dennoch paradoxerweise durch die Liebe gleichzeitig
weiser werden, taucht auch in Shakespeares bekannteren Stücken
"Was Ihr Wollt" und "Viel Lärm um Nichts"
wieder auf.
Wie Jackson bemerkt: "Man kann eine gewisse Erwartungshaltung
aus dem Stück herauslesen. Es ist sehr ausgefeilt, und es
gibt einige Hinweise darauf, daß das Stück vielleicht
doch mehr als einmal am Hof gespielt wurde. Es ist ein Stück
mit vielen Wortspielereien und es enthält sehr elegante
Verse, aber man spürt auch einen Touch Befangenheit."
Seit den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts hat es zahlreiche
Bühnenproduktionen von Verlorene Liebsmüh'
gegeben, aber davor wurde das Stück kaum aufgeführt.
Es herrschte des öfteren die Tendenz, das Stück als
bittersüße Komödie zu behandeln, ein Element,
das in Branaghs Version beibehalten wurde, aber, führt Jackson
fort, "es gibt auch Elemente aus reinem Slapstick mit einer
Menge visueller sowie verbaler Gags."
Gegenseitige Befruchtung im Herbst
Branaghs Drehbuch siedelt den Film im Herbst an, eine Jahreszeit,
die gleichzeitig eine Zeit des Verfalls, aber auch die Hoffnung
auf einen Neubeginn zu einem späteren Zeitpunkt symbolisiert,
und daher für diesen Stoff besonders passend erschien.
Branaghs Konzept zielt darauf ab, daß Tanz, Gesang und
Text sich gegenseitig befruchten; die musikalischen Nummern gehen
organisch aus der Situation, die der Text vorgibt, hervor, und
die Energie von Tanz und Gesang überträgt sich wiederum
auf den Dialog.
Oberste Devise bei seiner Arbeit war es jedoch, Shakespeares
Worte nicht zu verändern. Wie Jackson sagt: "Kens ganze
Arbeit wurde von der Überzeugung getragen, daß der
Text einem breiten Publikum von heute verständlich ist,
weil die Gefühle, die in der Sprache ihren Ausdruck finden,
so unmittelbar nachvollziehbar sind."
|