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Der Krieger und die Kaiserin
Produktionsnotizen
Der Krieger und die Kaiserin ist der neue Film von
Tom Tykwer ("Lola rennt") mit Franka Potente
und Benno Fürmann in den Hauptrollen sowie Joachim Król
in einer wunderbaren Nebenrolle.
Wie alle Filme von Tom Tykwer ist auch dieser ein raffiniertes
Spiel mit den Elementen des Genrekinos, in dem Liebesgeschichte
und Thriller miteinander verschmelzen. So virtuos wie noch nie
zuvor gelingt Tykwer die schwierige Balance zwischen formaler
Intensität und menschlicher Wärme, zwischen hypnotischen
Bildern und anrührenden Gefühlen. Und er wartet mit
einer Liebesszene auf, die man im Kino so noch nicht gesehen
hat...
Dialogauszug
Sissi: Ich kann nicht mehr gut schlafen wegen dir. Und wenn
ich endlich schlafe, dann träum' ich von dir. Ich träum
davon wie du riechst, wie du sprichst, wie du atmest, wie du
weinst.
Bodo: Bist du bescheuert? Du kennst mich doch gar nicht!
Sissi: Ich muss wissen, ob es etwas bedeutet, dass du an dem
Tag unter dem Lastwagen warst. Oder ob es einfach ein Zufall
war. Ich will wissen, ob sich mein Leben ändern muss und
ob du der Grund dafür bist.
Die Kraft der Liebe
"Wenn überhaupt irgendetwas unsere inneren Wunden
heilen kann, dann die Liebe. Sie versetzt uns in die Lage, Widerstände
im Leben zu überwinden. Ihre unglaubliche Potenz ist einfach
toll. Meine Erfahrung ist, dass selbst Menschen, die wie Bodo
den Glauben in die Liebe verloren haben, weil sie enttäuscht
oder betrogen wurden, ihn immer wieder neu entdecken, wenn sie
die Chance dazu kriegen. Desillusionierung in Beruf, Karriere
oder sozialen Bereichen lässt sich manchmal nicht überwinden.
Aber ich habe es immer wieder erlebt, dass Leute sich noch mit
60 verliebt haben und dann immer wieder so wirken, als wäre
es das erste Mal. Plötzlich sind alle Türen wieder
offen, die vorher geschlossen zu sein schienen." (Tom Tykwer)
So sehr Tom Tykwer das Romantische liebt, so sehr hasst er das
Sentimentale. Also handelt die Liebe bei ihm immer auch von den
Schwierigkeiten, die sie überwinden muss. Noch einmal geht
es um den Triumph der Liebe über die Widrigkeiten des Lebens.
Nach den äusseren Widerständen von Lola Rennt
sind das jetzt die inneren, in den verwundeten Herzen der Helden.
Noch einmal geht es darum, aus der Stagnation heraus in Bewegung
zu kommen.
Modernes Aschenputtel
"Meine Erfahrung zeigt, dass Liebesfähigkeit zumindest
etwas nicht spezifisch Männliches ist. Dass sich Männer
zehn mal mehr mit all den Fragen des Geschlechterkampfes abmühen
und dann meistens handeln, um sich ihren Gefühlen nicht
stellen zu müssen. Die überfallen dann eben Banken..."
(Tom Tykwer)
Natürlich ist es ganz zeitgemäss - nicht der Prinz,
der sich auf die Suche machen muss, sondern die Prinzessin -
nein, die Kaiserin, die sich ihren Krieger erobert. Statt den
gläsernen Schuh anzupassen, muss sie die Jacke finden, an
der ein Knopf fehlt, jenes kleine Liebespfand, dass sie in der
Notaufnahme zu fassen bekam, als ihr seine Hand entglitt.
Puzzleteile zum Bild einer Generation
"Meine Generation ist ganz stark von komplizierten Familienverhältnissen
geprägt. Einerseits gibt es eine grössere Toleranz,
andererseits auch ein völliges Unverständnis. Diese
Verständnislosigkeit zwischen den Generationen bleibt für
mich ein wichtiges Thema." (Tom Tykwer)
Nach der emotionalen Starre der Tödlichen Maria,
den Gefühlswirrungen der Figuren in Winterschläfer
und dem grossen Rasen von Lola Rennt, zeigt Tom Tykwer
in seinem vierten Spielfilm weitere Facetten des Lebensgefühls
seiner Generation.
Während Bodo gegen seine Gefühle ganz physisch anrennt
und ankämpft, absorbiert Sissi sie in ihrer konzentriert
tranceartigen Erscheinung. Beide haben sich elternlos in unterschiedlichen
Ersatzfamilien eingerichtet.
Zufall oder Schicksal
"Im Kino werden Menschen ständig in entscheidende
Situationen geworfen. Mir gefällt dieser Gedanke, immer
wieder zu sagen, was hätte aus meinem Leben noch werden
können? Was hätte aus deinem Leben noch werden können?
Was hätte aus uns werden können? Ich finde es toll,
dass man im Kino diese Spekulationsmaschine anwerfen kann. Man
kann sagen, so jetzt lernen wir diese Leute kennen und werden
mal sehen, was mit ihnen passiert, und kann das dann einfach
so weiterspinnen, ohne der Wirklichkeit ausgesetzt zu sein, die
im Leben ihr eigenes Spiel treibt." (Tom Tykwer)
Wäre Sissi Sekunden später über die Strasse gegangen,
dann wäre sie nicht vom Laster überfahren worden.
Wäre Bodo auf seiner Flucht einfach weitergerannt und nicht
auf den Laster gesprungen, dann wäre der Fahrer nicht abgelenkt
gewesen.
Hätte der Unfall nicht stattgefunden, dann wären sich
Bodo und Sissi nie begegnet.
Wäre Otto nicht blind, dann hätte er sich zwei Monate
später nicht mehr an die Schritte erinnert, und Sissi hätte
Bodo vielleicht niemals wiedergefunden.
Wäre der Banküberfall nicht schiefgegangen, wären
sich Bodo und Sissi vielleicht nie mehr begegnet.
Und: Wäre Sissi nicht fast gestorben, dann hätte sie
vielleicht nie zu leben und zu lieben gelernt.
Immer wieder sind es Sekunden, die die Weichen des Lebens neu
stellen. Sekunden, die über Tod, Leben und Liebe entscheiden.
Was wäre wenn. Immer wieder. Immer aufs Neue.
Am Ende verbinden sich alle losen Schicksalsfäden zu einem
dicht gewebten Netz. Rückblenden, Erinnerungen, Fotos: Jedes
einzelne Bild fügt sich in das grosse Puzzle des Lebens.
Frauen als Kinoheldinnen
"Früher habe ich mich dazu hinreißen lassen,
zu sagen, dass sie die interessanteren Helden sind. Vielleicht
liegt es daran, dass ich die intensivsten Beziehungen in meinem
Leben zu Frauen hatte und deshalb das Gefühl habe, ich kann
dazu mehr sagen. So gut wie ich bestimmte Frauen kennengelernt
habe, kenne ich keinen Mann. Das hat auch mit dem Prinzip Männerfreundschaft
zu tun, das einfach anders geartet ist. Dort ist es Teil des
Rituals, sich nicht zu nahe zu kommen." (Tom Tykwer)
Franka Potente spielt eine beharrliche Frau. Sie verfolgt hartnäckig
und unbeirrbar den Mann, dem sie sich verbunden fühlt. Sie
bahnt sich ihren Weg zu seinem Herzen durch Naturgewalten und
Krimiszenarien, und so wie in Lola Rennt legt sich die
traumwandlerische Intensität ihres Empfindens über
den ganzen Film.
Der Krieger und die Kaiserin
"Für mich ist das ein sehr deskriptiver Titel, weil
der Film diesen speziellen, seltsamen Gestalten dieselbe Grösse
gibt, die sonst nur historischen Helden zugeschrieben wird. Ich
finde es toll, wenn denen plötzlich erlaubt wird, einen
epischen Film zu prägen. Die beiden wachsen über sich
hinaus und verdienen darum auch so eine Bezeichnung, das ist
dann eben nicht "Der frustierte Soldat und die verschrobene
Krankenschwester", wie der Film ja auch heissen könnte.
Der Sissi-Name soll das verdichten, aber auf welche Weise sie
die Kaiserin ist, das stellt sich erst im Laufe des Films heraus.
Sie ist ja die heimliche Herrscherin in dieser Psychiatrie.
Genauso ist Bodos Krieg weniger ein soldatischer, sondern einer
gegen sich selbst und seine Gefühle. Obwohl sie kleine versponnene
Charaktere sind, beanspruchen sie diese Grösse. Das hat
mir schon bei der Tödlichen Maria gefallen, dass
die beiden diesen Riesenkuss bekamen. Normalerweise geht man
ja immer davon aus, dass klemmige Leute auch klemmig küssen,
was natürlich totaler Quatsch ist." (Tom Tykwer)
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