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Undercover - In Too Deep
Moral und Psychologie
Realismus statt Klischees
Aaron und Brown lag viel daran, auch die Drogenwelt realistisch
zu zeichnen und nicht falsche Klischees darzustellen. Sie entdeckten
im Verlauf ihrer Nachforschungen, dass viele in der Drogenszene
aktive Leute ihre Tätigkeit als ganz normales Geschäft
betrachten. "Sie erhalten die gleichen Jobmöglichkeiten,
die gleichen Bonusse, sie versuchen ganz einfach, schnellstmöglich
so viel Geld wie möglich zu verdienen, wie in legalen Businesszweigen
auch", berichtet Aaron.
Aaron betont, dass es ihm nicht daran gelegen war, ein Urteil
über den Drogenhandel zu fällen. "Es war interessant,
sie nicht als verabscheuungswürdig zu zeichnen, aber auch
nicht das Hohelied auf sie zu singen." Die Autoren ließen
sich von Der Pate-Trilogie inspirieren, in der es Francis
Ford Coppola gelungen war, die Figuren auf der anderen Seite
des Gesetzes nicht einfach nur als Bösewichte zu zeichnen,
sondern als ausgeprägte, vielschichtige menschliche Wesen.
Der Bösewicht von Undercover - In Too Deep, der
Drogenhändler, der unter dem Spitznamen "God"
bekannt ist, sollte so komplex wie möglich gezeigt werden,
so dass es nicht leicht sein würde, ein absolutes moralisches
Urteil über ihn zu fällen.
Moralischer Zwiespalt
Gerade diese moralische Grauzone, in der God, seine Clique und
der Drogenhandel als solches eingebettet wurden, lässt die
Hauptfigur des Films, Jeff Cole, seine eingangs klar definierte
Position hinterfragen. Cole ist ein ambitionierter und zu allem
entschlossener Polizeibeamter, der sich als tougher, furchtloser
Drogenhändler aus Akron ausgibt, um Gods Gang zu infiltrieren
und sie dem Gesetz übergeben zu können.
Doch je weiter er in die Welt von God eindringt, desto mehr
verdrängt die fiktive Figur seine wahre Persönlichkeit.
God gewährt ihm Zutritt, und er wird in dessen Familie aufgenommen,
die nach eigenen Loyalitätsregeln funktioniert. "Wenn
sie einen einmal akzeptiert haben", so Aaron, "dann
sind sie immer für dich da und passen auf dich auf. Es fällt
schwer, solche Menschen nur als böse zu betrachten."
Es gibt noch eine tiefere moralische Ambivalenz, die als Wurzel
für Coles psychologisches Dilemma zu betrachten ist. Obwohl
er sich freiwillig als Undercover-Cop meldet und nach einer lebensgefährlichen
Situation sogar darum bittet, wieder in den Fall involviert zu
werden, ist er sich über die Konsequenzen seines Handelns
nicht bewusst. Er will es nicht wahrhaben, dass der Aufenthalt
in Gods Welt ihn selbst zerstören könnte.
Psychologische Belastung
Nur erfahreneren Beamten wie Coles Vorgesetztem Preston Boyd,
gespielt von Stanley Tucci, ist klar, welchen psychologischen
Schaden die Undercover-Arbeit bei Beamten anrichten kann, wenn
man sie nicht früh genug von ihrem Job entbindet. Es ist
ihre Verantwortung, die jungen Polizisten vor sich selbst zu
beschützen.
Doch was geschieht, wenn ein verdeckt arbeitender Cop tatsächlich
so weit in die Führungsspitze eines Drogenbarons vorstößt,
dass man kurz davor steht, ihn und sein Imperium hochgehen zu
lassen? Ist es vertretbar, das Leben eines Beamten zu opfern,
wenn man eine ganze Stadt von einem Großverbrecher befreien
kann?
"Es ist eine durch und durch psychologische Angelegenheit",
meint Aaron über Coles unfreiwilligem Flirt mit dem Wahnsinn.
"Sie ist nur mit dem traumatischen Stress-Syndrom zu vergleichen,
mit dem Kriegsveteranen zu kämpfen haben. Wenn man als 17-,
18- oder 19-Jähriger in den Krieg geschickt wird und sich
buchstäblich in jedem Moment in Lebensgefahr befindet, dann
konzentriert sich die ganze Existenz auf diesen Moment.
Der Körper produziert all das Adrenalin und die anderen
Substanzen, die einen das Leben 120-prozentig wahrnehmen lassen.
Und dann fällt diese absurde Belastung von einem Tag auf
den anderen von einem ab, man soll wieder nach Hause zurückkehren
und ein normales Leben führen. Manche Menschen schaffen
das. Andere nicht. Im Fall von Jeff Cole ist ganz klar: Sie haben
ihn zu lange in ein System gesteckt, als dass er diese Erfahrung
ohne Narben überstehen könnte."
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