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Cube
Produktionsnotizen
CUBE ist das Spielfilm-Debüt von Vincenzo Natali,
der sich als Storyboardzeichner, etwa von Robert Longos Johnny
Mnemonic ("Vernetzt - Johnny Mnemonic",
1995), und als Regisseur einiger beachtlicher Kurzfilme, darunter
der Festival-Hit "Elevated" (1996), einen
Namen gemacht hat. Ähnlich wie bei CUBE geht es
auch bei "Elevated" um eingeschlossene Menschen
- genau gesagt ein Trio, das in einem Aufzug festsitzt und von
einer unbekannten Macht terrorisiert wird. Natali präzisiert:
"Ein Monster-Film, ohne sichtbares Monster."
Obwohl Natali CUBE in Zusammenarbeit mit Andre Bijelic
und Graeme Manson geschrieben hat, tauchen im Drehbuch viele
Motive aus früheren Werken des Regisseurs wieder auf. "Ich
glaube, ich beschäftige mich so intensiv mit dem Gefangensein,
weil ich selbst unter Klaustrophobie leide", erzählt
Natali. "Später bemerkten wir auch, dass wir eigentlich
nur von unserem eigenen Leben erzählten. Wir sind schon
ewig Freunde, teilen uns jetzt eine Wohnung und sitzen demzufolge
regelrecht aufeinander. So kam uns die Idee, dass wir Ameisen
in einer Welt von Riesen sind, die uns nach Belieben herumschubsen
können. Unser Film ist eigentlich nichts anderes als die
Alptraum-Version dieses Gedankens."
Es war für Vincenzo Natali überaus wichtig, dass im
Film nie klar werden würde, wer das Labyrinth eigentlich
entworfen hat, wozu es diente und warum die Gruppe dort gefangengehalten
wird. "Warum es den Kubus gibt, genauer geben könnte,
darüber wird im Film ja diskutiert. Wir erfahren sogar,
dass einer der Gefangenen, Worth (David Hewlett), maßgeblich
am Bau beteiligt war. Das ganze Geheimnis wird jedoch nie gelüftet.
Sogar Worth kann nur wenig zur Aufklärung beitragen. Genau
diese vielen kleinen und großen Geheimnisse machen CUBE
für mich so spannend," führt der Regisseur aus.
CUBE ist bereits die fünfte Spielfilm-Produktion
des Feature Film Project, ein Unterfangen, das vor vier Jahren
vom Canadian Film Centre ins Leben gerufen wurde. Das Film Centre
wiederum wurde 1986 vom ebenso erfolgreichen wie berühmten
Regisseur Norman Jewison gegründet, um den kanadischen Film
sowie kanadische Fernseh- und Multimedia-Arbeiten besser vermarkten
und verkaufen zu können.
Das Feature Film Project gibt kanadischen Nachwuchs-Regisseuren
die Chance, ihren ersten Kinofilm zu realisieren.Natali kam auf
Grund seiner überzeugenden Kurzfilme "Mouth"
(1992) und "Playground" (1993) in den Genuss
des Förderprogramms und drehte CUBE, nachdem er
als Student dort schon seinen bereits erwähnten Festival-Dauerbrenner
"Elevated" fertiggestellt hatte.
Klare Technische Vorgaben
Natali hatte dank seines Hintergrundes als Storyboardzeichner
immer eine ganz genaue Vorstellung davon, wie sein Set aussehen
sollte. Trotzdem erinnert sich Produktionsdesignerin Jasna Stefanovic,
eine der ersten, die bei CUBE unter Vertrag genommen
wurde, dass ihre Vorgaben alles andere als einfach waren: "Ein
würfelförmiges Zimmer mit Tür. Öffnest du
diese, stehst du schon vor der nächsten."
Bevor man jedoch daran gehen konnte, das Set zu bauen, gab es
für Natali und Stefanovic noch einige wichtige Fragen zu
klären. Etwa: "Wie passen die Kuben zueinander? Bewegen
sie sich ineinander? Wo sitzt der Steuermechanismus der Kuben?"
Sollte es nicht gelingen, diese Fragen plausibel zu klären,
dann, so war sich Stefanovic sicher, würde der ganze Film
nicht funktionieren: "Im Prinzip haben wir es doch hier
mit einer klassischen Abenteuergeschichte zu tun, in der es schlichtweg
ums Überleben geht. Da müssen alle Details stimmen,
damit das Publikum nicht durch unklare technische Aspekte von
der Handlung abgelenkt wird."
Die dringendste Frage in diesem Zusammenhang lautete: "Wie
groß sind die Kuben?" Nach zahlreichen Experimenten,
an denen Produzent Mehra Meh, Natali und Stefanovic maßgeblich
beteiligt waren und in deren Verlauf zahllose Rollen von farbigem
Lassoband zwecks "Vermessungsmaßnahmen" verbraucht
wurden, einigte man sich auf Würfel mit jeweils knapp fünf
Meter Seitenlänge. So hatte man stets das notwendige klaustrophobische
Gefühl, gleichzeitig aber genug Platz für die Kamera
nebst anderem technischen Gerät.
"Genau das macht den Film so cool", schwärmt
Kameramann Derek Rogers. "Wir haben alles in einem Raum
aufgenommen. Wir haben etwas Kleines genommen und es so fotografiert,
das es riesig aussieht. Die Arbeit glich einem Puzzle, denn die
Schauspieler konnten den Raum nur durch eine Tür betreten
bzw. verlassen. Am besten gefällt mir der Gedanke, dass
den meisten Zusehern gar nicht bewusst werden wird, dass sie
die ganze Zeit immer nur denselben Raum sehen."
Die Würfel fallen
Um zu gewährleisten, dass die mathematischen Berechnungen,
die die Schülerin Leaven (Nicole de Boer) anstellt, auch
richtig sind, wurde ein Mathematik-Berater engagiert. "Wir
wollten sicher gehen, dass unsere Logik auch stimmte", so
Natali. "Wir haben uns strikt den mathemathischen Gegebenheiten
gebeugt - so weit dies möglich war. Nur mit dem Öffnen
und Schließen der Türen in einem gewissen logischen
Rhythmus hatten wir Probleme. Wir fanden keine Möglichkeiten,
die Türen zu schließen, während die Kamera auf
sie gerichtet war. Da mussten wir improvisieren. Ich glaube aber
nicht, dass das im fertigen Film auffällt."
Aufgenommen wurde der Film in einem Warenlager im Industriegebiet
von Toronto. Gemäß einer Bestimmung des Canadian Film
Centre muss die Hälfte der Kosten von Feature Project Produktionen
durch Spenden von Angehörigen der lokalen Filmindustrie
aufgebracht werden. In diesem Fall war es unter anderem ein Warenlager,
zur Verfügung gestellt von den Wallace Street Studios.
Zwar hatte man hier nicht all die Vorteile eines echten Studios,
handelte es sich doch um einen simplen Lagerraum, aber dennoch
erfüllte die Halle ihren Zweck. Die Produzentin Betty Orr
erinnert sich: "Es konnte manchmal ziemlich laut werden,
vor allem, wenn Züge in der Nähe vorbeidonnerten. Dann
bebte der ganze Bau - was letztlich bewirkte, dass der Set noch
gruseliger wirkte als er ohnehin schon war."
Alles aus dem Lot
Stefanovic entwarf einen Würfel, von dem man eine Seite
einfach entfernen konnte. Das erleichterte die Dreharbeiten ungemein.
Des weiteren bestanden die "Wände" aus beweglichen,
leicht umzumontierenden Wechselrahmen, die mit verschiedenfarbigen
Paneelen bestückt werden konnten. So war es möglich,
die Räume blitzschnell "umzustreichen" und man
musste nicht einmal die Ausleuchtung ändern.
Stefanovic: "Ich entwarf ein rund ein mal ein Meter großes
Plexiglas-Paneel, das leicht transportiert bzw. verschoben werden
konnte und das multifunktional einsetzbar war. Obendrein konnte
es mit anderen, identischen, vom Computer 'bemalten' Paneelen
kombiniert werden. Im Hinterkopf hatte ich dabei immer die Bilder
aus Robert Wienes Stummfilm "Das Cabinet des Dr. Caligari",
bei denen es keine rechten Winkel gibt und alles irgendwie aus
dem Lot zu sein scheint. Die mathematische Logik des Labyrinth-Gefängnisses
sollte im harten Kontrast zu Kombination und Bemalung der Paneele
stehen."
Farben können verrückt machen
Unter den Bedingungen am Set hatten neben den Schauspielern
auch sämtliche Crew-Mitglieder zu leiden, die wegen des
geringen Budgets natürlich auch unter enormen Zeitdruck
standen. "Unser Budget erlaubte 20 Drehtage", erzählt
Produzent Mehra Meh, "was dazu führte, dass wir bald
mit zwei Teams gleichzeitig arbeiteten, die sich wegen der Enge
buchstäblich gegenseitig die Ellbogen in die Ohren rammten.
Manchmal hatte man das Gefühl als würden zwei Güterzüge
zusammenstoßen."
Als großes Problem erwiesen sich während des Drehs
die Anschlüsse. Da sich der Set dauernd veränderte,
zwei Teams gleichzeitig arbeiteten und nicht einmal die Farben
gleich blieben, war von allen höchste Konzentration gefordert.
Das Team, so stellte sich schnell heraus, wurde auf psychologischer
Ebene ebenso gefordert wie die Darsteller.
Stefanovic: "Der ständige Lichtwechsel belastete mich
persönlich am meisten - besonders litt ich unter dem 'roten
Zimmer'. Warum es ausgerechnet diese Farbe war, die mich erschöpfte,
kann ich aber nicht sagen." Obwohl immer knapp davor verrückt
zu werden, genoss das Team seine Arbeit. Alle liebten 'ihren
Spielfilm', so schwierig die Bedingungen auch waren.
Die Schauspieler - unverbrauchte Gesichter
Besonderes Fingerspitzengefühl, das wusste Natali von Anbeginn,
war bei der Auswahl der Schauspieler gefragt. Da die Zuschauer
gut neunzig Minuten nur mit den Darstellern verbringen würden
und nichts oder nur wenig anderes zum 'festhalten' hatten, waren
exzellente Mimen Bedingung. Obendrein sollten es - wie bei billigeren
Produktionen so oft - keine bekannten Gesichter aus dem Fernsehen
oder Sci-fi-Filmen sein.
Vincenzo Natali: "Ich wollte unverbrauchte Spitzenkräfte
- und ich habe die besten gecastet, die ich bekommen konnte."
Maurice Dean Wint, geboren in England, aufgewachsen auf der
Insel und in Jamaika, war auf Torontos Bühnen schon ein
vielfach ausgezeichneter Shakespeare-Darsteller, ehe er sich
in den letzten Jahren mehr der Arbeit bei Film und Fernsehen
zuwandte. Wint spielt den Cop Quentin, der sich im Verlauf von
CUBE am meisten ändert und dessen latenter Faschismus
immer offensichtlicher wird, je mehr er unter Druck gerät.
"Ich habe Maurice für den Part ausgewählt, weil
ich ihn für dieses Rolle als einfach ideal empfand",
so Natali. "Die meisten Schauspieler kommen mit ihren Rollen
gut zurecht, solange sie sich in diese hineinversetzen können,
sie verstehen und kennen. Bei extremen Gefühlsregungen versagen
sie jedoch oft und wirken lächerlich. Bei Maurice, den ich
vom Theater her kenne, wusste ich, dass er auch in schwierigsten,
emotional gefährlichsten Momenten der Cop Quentin bleiben
würde, den ich mir vorstellte. Chargieren kommt für
ihn nicht in Frage."
Der wohl bekannteste Darsteller der Gruppe ist Wayne Robson,
ein Kino-Veteran, der schon in 34 Spielfilmen mitgewirkt hat
und 1971 in Robert Altmans McCabe and Mrs. Miller als
Barkeeper sein Leinwand-Debüt gab. "Wayne spielt Rennes,
der schon früh im Film umkommt. Wir haben während des
Drehs immer gesagt, dass er unsere Janet Leigh ist", scherzt
Natali.
Überaus wichtig für den Look von CUBE war,
dass auch die Spezialeffekte, seien es nun die prostethischen
oder digitalen, stimmten. Das heißt sie mussten sich perfekt
ins Produktionsdesign einfügen, an den entsprechenden Stellen
als selbstständiger Teil des Films funktionieren und keinesfalls
aufgesetzt wirken.
Effekte von Film- und Umweltprofis
Schon an der ersten Sequenz von CUBE - der unbekannte
Sträfling kommt überaus dramatisch zu Tode -, die aufwendige
prostethische Effekte verlangte, wurde, bei insgesamt fünf
Anläufen, 24 Stunden am Stück gearbeitet. Verantwortet
und umgesetzt haben diese die "Zauberer" der in Toronto
ansässigen Firma Caligari Studios, die für ihre Arbeit
an den Oliver-Stone-Filmen JFK ("JFK - Tatort
Dallas", 1991), Natural Born Killers (1994)
und Nixon (1995) schon vielfach ausgezeichnet wurden.
Caligari legt großen Wert darauf, umweltfreundlich zu arbeiten
und verwendet für ihre höchst realistischen und erschreckenden
Masken, Wunden etc. weitest möglich biologisch hundertprozentig
abbaubares Material.
"Wir hatten wirklich Glück, dass wir Caligari und
C.O.R.E. Digital Pictures als Mitarbeiter für unsere verschiedenen
Effekte gewinnen konnten", sagt Produzent Meh. "Die
Effekte zu CUBE waren das letzte produktionstechnische
Problem, das es für uns zu lösen galt. Die physischen
und prostethischen Effekte von Caligari kombiniert mit den Computer-generierten
Bildern von C.O.R.E. gewährleisteten einfach, dass einige
von Natalis ebenso ambitionierten wie schwierigen Ideen trotz
des geringen Budgets umgesetzt werden konnten."
"Mit Caligari habe ich schon bei 'Elevated' zusammengearbeitet",
erinnert sich Vincenzo Natali, "und bei CUBE wollte ich
diese gute Kooperation fortsetzen. Dass C.O.R.E. dann auch noch
ihre Mitarbeit kostenlos anbot, damit konnte niemand rechnen.
Es war einfach großartig."
Für Bob Munroe von C.O.R.E., der die CUBE-Effekte
überwachte, machte die kostenlose Mitarbeit Sinn: "Nachdem
wir das Skript gelesen hatten und wussten, wie wichtig unsere
Effekte für den Film sein würden, mussten wir einfach
mitmachen."
C.O.R.E. wurde von dem in Kanada geboren Schauspieler und Regisseur
William Shatner gegründet, der durch seinen Part als Captain
Kirk in den "Raumschiff Enterprise"-Filmen
bzw. -Fernsehepisoden Weltruhm erlangte. Ursprünglich als
hausinternes Effekte-Studio für die von Shatner verantwortete,
Gemini-prämierte TV-Serie "TekWar" konzipiert,
stehen die Animations-Direktoren Munroe, John Mariella, Derek
Grime und Kyle Menzies in Toronto inzwischen einem 17-köpfigen
Team und in der Berliner Dependance einer 12-köpfigen Mannschaft
vor. "C.O.R.E. hat es sich auf die Fahnen geschrieben",
so Munroe, erfolgversprechende kanadische Nachwuchsregisseure
und die Arbeit des Canadian Film Centre zu unterstützen.
Dreharbeiten
Für alle an der Entstehung von CUBE Beteiligten waren die
Dreharbeiten der schlagende Beweis dafür, dass mit schierer
Willenskraft und positiver Einstellung fast alle Arten von Schwierigkeiten
bewältigt werden können. "Die Dreharbeiten hatten
auf uns fast dieselbe putschende Wirkung wie Drogen", erinnert
sich Vincenzo Natali. "Außerdem, glaube ich, wurden
wir durch das niedrige Budget, die extremen Drehbedingen sowie
die Schwierigkeiten, die der gesamte Stoff bot, extrem angespornt.
Ich hoffe, dass man dies unserem Film anmerkt und dass das Publikum
das im Endeffekt auch zu schätzen wissen wird."
Sehr zu meiner Überraschung und Freude gelang es uns, all
die schwierigen Szenen, vor denen wir uns besonders gefürchtet
hatten, recht reibungslos und schnell auf Film zu bannen. Auch
die Effekte, die von den Caligari Studios und C.O.R.E. Digital
Pictures, zu minimalsten Preisen realisiert und angeliefert wurden,
begeisterten mich jedes Mal aufs Neue. Der Teufel steckte, wie
so oft, auch bei uns im Detail. Schwierigkeiten traten genau
dort auf, wo wir nicht mit ihnen gerechnet hatten.
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