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Center Stage
Produktionsnotizen
Vor einigen Jahren schon hatte Amy Pascal, Vorsitzende der Columbia
Pictures, die Absicht einen Film über Tanz zu machen. Zur
Weiterentwicklung dieser Idee nahm sie zunächst die Drehbuchautorin
Carol Heikkinen unter Vertrag, die sich sofort daran machte ein
Skript über hoffnungsvolle junge Tänzer zu schreiben,
die unbeirrt jede Herausforderung annehmen, um ihren Traum von
der großen Karriere als Tanz-Star zu erfüllen.
Zwar kennt sich Heikkinen mit der amerikanischen Jugend aus,
schrieb sie doch die Drehbücher zu The Thing Called
Love (Entscheidung fürs Leben, 1993) und Empire
Records (Das Empire Team, 1995), zwei Filme, die
sich um Pop-Musik drehen. Doch für Center Stage
musste sie eine ganz andere Gruppe Jugendlicher unter die Lupe
nehmen, nämlich hoch talentierte Studenten, die während
ihrer Ausbildung an der renommiertesten Tanz-Akademie Amerikas
um einen Platz in den besten Tanz-Kompanien der Welt wetteifern.
Das fertige Drehbuch legte Pascal dem Produzenten Laurence Mark
ans Herz, der auch sofort mit Tatkraft bei der Sache war. "Der
springende Punkt war, die Welt des Balletts so wahrheitsgetreu
wie möglich zu beschreiben und sie dabei einem breiten Publikum
zugänglich zu machen. Tanz sollte für jedermann erfahrbar
werden", erzählt Mark.
"Die Idee zu einem solchen Film war großartig und
Nicholas Hytner schien genau der richtig Mann, um sie für
die Leinwand umzusetzen. Hytners Werk zeigt außergewöhnliche
Vielseitigkeit, vom hintergründig witzigen Drama The
Madness of King George (King George - Ein Königreich
für mehr Verstand, 1994), das im England des 18.
Jahrhunderts spielt, über The Crucible (Hexenjagd,
1996), nach dem berühmten Stück von Arthur Miller,
das sich um die Hexenverfolgung im Salem des 16. Jahrhunderts
dreht, bis hin zu The Object of My Affection (Liebe
in jeder Beziehung, 1998), einer romantischen Komödie
im zeitgenössischen New York.
Mit Center Stage würde er wieder das heutige New
York inszenieren, nun aber auch gleichzeitig auf seinen Hintergrund
am Theater zurückgreifen können. Er brachte ja schon
,Miss Saigon' und ,Carousel' auf die Bühne. Bei Center
Stage würden wieder Musik und Tanz eine wichtige Rolle
spielen."
Mark schickte Hytner das Drehbuch, in der Hoffnung der Regisseur
könnte sich für solch ein Projekt erwärmen. Und
tatsächlich zeigte sich Hytner sofort begeistert: "Ich
habe mich meine gesamte Theater-Karriere hindurch viel mit Tänzern
beschäftigt. Überhaupt hat Ballett mir immer das allergrößte
Vergnügen bereitet, vor allem seit ich vor acht Jahren mit
dem großen britischen Choreografen Kenneth MacMillan zusammengearbeitet
habe. Ich sah in diesem Drehbuch die Chance, einen authentischen
und unterhaltsamen Film über die Welt des Tanzens zu machen.
Ein Film, in dem ich meine Freude und Begeisterung vermitteln
könnte, die ich immer bei guten Tanzaufführungen verspüre,
sei es klassischer oder zeitgenössischer Tanz, Jazz oder
Ballett."
"Außerdem liebe ich Backstage-Movies", fügt
Hytner hinzu. "Und hier nun bekam ich die einzigartige Gelegenheit
eine Art Theaterbetrieb zu inszenieren, den ich aus eigener Erfahrung
in- und auswendig kenne. Ich weiß, wie ein Repertoire-Theater
funktioniert, ich weiß, wie hoch das Budget von unkommerziellen
Ensembles ist, ich habe unzählige Jazz- und Ballettklassen
besucht und ich habe auch schon im berühmten New Yorker
Lincoln Center Regie geführt. Dieser Film klang also definitiv
nach etwas, das ich unbedingt machen sollte."
Mit Hytner und Mark sicher im Boot, nahm das Projekt Center
Stage volle Fahrt auf.
Tanztalente
Für Hytner, der grenzenlosen Respekt vor den Fähigkeiten
professioneller Tänzer hat, war es nicht nur wichtig die
Schönheit des Tanzes im Film zu zeigen, sondern auch das
wahre Leben von jungen Tanz-Studenten, ihren Idealismus und ihre
Hingabe.
"Diese jungen Leute haben eine Begabung, die mit Gold nicht
aufzuwiegen ist, und dennoch von der Gesellschaft so schmählich
unterschätzt wird", weiß Hytner. "Sie sind
sich darüber im Klaren, dass sie eine Tradition aufrecht
erhalten, die die perfekte Harmonie von Körper und Bewegung
anstrebt. Und sie sind zurecht stolz darauf."
Erstaunen den Regisseur allein schon die physischen Fähigkeiten,
ist er von der bemerkenswerten Athletik dieser jungen Menschen
schlicht hingerissen. "Ich bin immer wieder überwältigt,
wenn ich ihre Entschlossenheit sehe, das, was sie tun, noch besser
tun zu wollen. Dabei entwickeln Tänzer einen ausgeprägten
Sinn für Schönheit, wobei sie sich zur Vollendung treiben,
nur um der Kunst Willen."
Einen Film über die wahre Natur des Tanzens zu machen,
war auch für Produzent Laurence Mark eine große Herausforderung.
"Es gibt so viele Arten von Tanz, angefangen bei der, die
sich strikt an vorgegebene Regeln hält, bis hin zu Bewegungen,
die direkt aus dem Herzen kommen. Unser Film zeigt beides",
erklärt Mark. "Manche Menschen brauchen Regeln, andere
wieder wollen einfach nur ausflippen. Und es zeigt sich in ihren
Bewegungen. Der Tanz drückt die Persönlichkeit aus.
Ich hoffe, unser Film wird mit seiner Vielseitigkeit des Tanzens
überraschen, und damit zeigen wie lustvoll und sexy Tanz
sein kann."
Casting
Die Besetzung von Center Stage stellte sich als die
wahrscheinlich größte Herausforderung überhaupt
für einen Filmemacher heraus.
"Die Schwierigkeit war ja nicht unbedingt, Tänzer
zu finden, die sowohl klassisches Ballett, Modern Dance, Broadway
Dancing und Salsa beherrschten, sondern die Tatsache, dass wir
Leute brauchten, die tanzen und zudem schauspielern konnten,"
beschreibt Mark die Suche. "Das war schon eine gewaltige
Aufgabe."
Dennoch besetzten sich einige Rollen wie von selbst. Der begnadete
Tänzer Ethan Stiefel, ein umjubeltes Mitglied des American
Ballet Theatre und mit seinen 26 Jahren schon zu einem der besten
zeitgenössischen Tänzer der Welt gekürt, war für
jeden der Beteiligten erste Wahl.
"Wir alle waren der festen Überzeugung, wenn wir diesen
Film machen, dann sollte Ethan Stiefel unbedingt dabei sein,"
meint Mark. "Er hat nicht nur dieses unglaubliche Talent,
sondern auch einen ungewöhnlichen Lebensstil für einen
Balletttänzer. Er strahlt diesen ehrlich unschuldigen Charme
aus, und hat doch etwas gefährliches in seinen Augen. Je
mehr wir uns mit ihm beschäftigten, desto beeindruckter
waren wir. Schließlich haben wir sogar etwas von seiner
Persönlichkeit in seine Rolle des Cooper Nielson einfließen
lassen, Cooper fährt wie Stiefel eine schwere Harley Davidson
und er wird zum Weltklasse-Ballett-Star."
"Irgendwie war es von vornherein klar, dass Ethan Stiefel
Cooper spielen sollte", sagt Hytner. "Ich kannte ihn
als Tänzer schon sehr gut und wusste, zu welch außergewöhnlichen
Dingen er in der Lage ist. Wie sich herausstellte hat er auch
ein natürliches Talent für die Schauspielerei."
Stiefel kam die Chance, mal aus der Reihe zu tanzen, sehr gelegen:
"Mein Beruf ist Balletttänzer, aber ich sehe mich mehr
als Entertainer oder Darsteller. Ich fand die Aussicht, ein neues
Medium auszuprobieren, sehr spannend. Ich wollte sehen, wie ich
mich da einbringen kann."
Weitaus schwieriger zu besetzen, waren die Rollen von Jody Sawyer,
der gefühlvollen jungen Elevin und zentralem Charakter von
Center Stage, sowie Charlie, dem Ballettstudenten, der
sich in sie verliebt und somit das romantische Dreieck zwischen
sich, Jody und Cooper schließt.
Nachdem der Regisseur einige derzeit recht hochgehandelte junge
Schauspielerinnen abgelehnt hatte, da sie über zuwenig Tanztalent
verfügten, machten sich Casting-Agent Daniel Swee und seine
Assistentin Heather Baird im ganzen Land auf die Suche nach einer
geeigneten Tänzerin für die Rolle.
"Wir haben uns hunderte junger Mädchen für Jody
angesehen. In San Francisco haben wir dann das große Los
gezogen", erzählt Laurence Mark. "Amanda Schull
hatte gerade die Aufnahmeprüfung für das San Francisco
Ballett bestanden, als Swee und Baird sie entdeckten. Sie schickten
sie umgehend nach Los Angeles, um dort Nick Hytner zu treffen.
Kaum hatte er sie gesehen, da wusste er, dass er seine Jody gefunden
hatte. Sie machte ein paar Probeaufnahmen. Und die waren atemberaubend.
Sie hat etwas, das die Leinwand regelrecht aufleuchten lässt."
"Das letzte Jahr hat wohl alle meine kühnsten Träume
übertroffen" lacht Amanda Schull, die während
der Dreharbeiten ihren 21. Geburtstag feierte. "Erst bekomme
ich ein Engagement beim San Francisco Ballett, was schon einer
der aufregendsten Momente in meinem Leben war, und dann wird
mir die Hauptrolle in einem Film angeboten. Dass ich mal in einem
Film mitspielen würde, hätte ich nie gedacht."
Lange Zeit blieb die Rolle des Charlie unbesetzt, fast hätten
die Casting-Leute das Handtuch geworfen. Nicht ganz unschuldig
daran war, dass Charlies Charakter einige Veränderungen
im Drehbuch durchlebte, bis er zum romantischen Verehrer von
Jody und damit zum Rivalen von Cooper wurde. Der junge Sascha
Radetsky - energisch, dunkelhaarig, jungenhaft und Mitglied des
Corps de Ballet des American Ballet Theatre - bekam die Rolle
nur wenige Tage vor Drehbeginn.
Dazu Laurence Mark: "Sascha Radetsky war ein Glückstreffer.
Er war einer der letzten, die für die Rolle vorsprachen.
Er las seinen Part vor, und schon acht Stunden später riefen
wir bei ihm an, um ihn für die Rolle zu verpflichten. Er
konnte es gar nicht fassen und rief einige Stunden später
noch einmal zurück, um sich zu vergewissern, dass wir wirklich
ihn meinten."
"Eigentlich habe ich mich für die Rolle des Sergei
beworben. Aber ich glaube, als Russe war ich nicht sehr überzeugend,"
scherzt Radetsky. "Charlie ist aus ganz anderem Holz. Ich
wusste, dass ich seine Rolle bewältigen konnte. Als Kind
habe ich schon einmal geschauspielert, aber ich setzte nie große
Hoffungen in eine Karriere. Es dauerte also eine Weile, bis ich
wirklich begriffen hatte, dass man mir eine Rolle in einem Film
geben wollte."
Für Eva, die leicht reizbare Studentin mit schlechten Straßenmanieren,
wählte man Zoë Saldana aus. "Für Eva ist
tanzen das einfachste auf der Welt", beschreibt Saldana
ihren Part, "sie fühlt es - sie tanzt es. Sie braucht
keine Technik und langen Erklärungen. Eva hatte es nie leicht
im Leben und tanzen macht sie glücklich."
Saldana hat sowohl Ballett, als auch Jazz- und Modern-Dance
studiert, darüber hinaus kann sie auf erste Erfahrungen
als Schauspielerin zurückgreifen. In Center Stage
gibt sie ihr Debüt als Filmaktrice. "Ich habe acht
Jahre Ballett studiert und mich dann dazu entschlossen es nicht
zu meinem Lebensinhalt zu machen", erzählt sie, "und
kaum wurde ich für einen Film besetzt, musste ich wieder
zum Ballett-Unterricht."
Shakiem Evans, ein Absolvent der Carnegie Mellon Universität,
spielt Erik. Evans studierte schon auf dem College Theater und
Schauspiel und hat auch schon bei Alvin Ailey getanzt.
Nicholas Hytner zeigte sich begeistert von dieser Besetzung
aus jungen, professionellen Tänzern. "Allesamt gehörten
sie zu den ganz wenigen, die wir auf unserer Suche fanden, die
ebenso umwerfend tanzen, wie sie locker mit Dialog umgehen können.
Wir hatten wirklich großes Glück mit ihnen."
Weitere Rollen
Mehrere größere Rollen wurden zudem mit jungen, vielversprechenden
Schauspielern besetzt. Susan May Pratt, die man schon in Ten
Things I Hate About You (Zehn Dinge, die ich an dir
hasse, 1999) sehen konnte, spielt Maureen, die junge Ballett-Elevin,
die mehr vom Leben erwartet als nur Tanz.
Eion Bailey (Fight Club, 1999) verkörpert die
Rolle von Jim, dem jungen Medizinstudenten, in den sich Maureen
verliebt. "Als Jugendlicher habe ich ein bisschen getanzt,
das hat mir jetzt bei den Vorbereitungen zu diesem Film geholfen",
erzählt Susan May Pratt. "Ein paar Monate vor den ersten
Proben habe ich dann richtig angefangen zu trainieren, allein
schon, um meine Muskulatur aufzubauen. Das Schwierigste war die
Körperhaltung, ich musste lernen wirklich aufrecht zu stehen
und meinen Kopf gerade zu halten."
Die Rolle von Sergei, dem russischen Ballett-Studenten, ging
schließlich an Ilja Kulik, den jungen russischen Eiskunstläufer,
der 1998 bei den Olympischen Spielen die Gold-Medaille gewann.
In Center Stage gibt er sein Filmdebüt.
Abgerundet wird das Ensemble durch einige der angesehensten
Bühnen- und Filmschauspieler unserer Zeit:
Peter Gallagher (American Beauty, 1999, While You
Were Sleeping (Während du schliefst,
1995)) verkörpert Jonathan Reeves, den künstlerischen
Leiter der American Ballet Academy und der American Ballet Company.
Die zweimalige Tony-Gewinnerin Donna Murphy spielt Juliette
Simone, eine Lehrerin der Schule. Die mit je einem Tony und einem
Emmy ausgezeichnete Debra Monk (Bulworth, 1998, In
& Out, 1997, "NYPD Blue - New York
Cops") spielt Nancy, die Publizistin der Company, die
nicht wenig Interesse an der Karriere ihrer Tochter Maureen zeigt.
Choreografie
Sobald das Casting abgeschlossen war, begannen drei Wochen vor
dem eigentlichen Drehbeginn die Proben. Eigens dafür hatte
Nicholas Hytner die beiden Choreografen Susan Stroman und Christopher
Wheeldon engagiert. Stroman wurde für ihre Arbeit am Broadway
schon zweimal mit dem Tony ausgezeichnet und der 26-jährige
Wheeldon ist Solist beim New York City Ballet und ein angesehener
Inszenator klassischer Tanzaufführungen.
"Natürlich sollte man unsere American Ballet Company
auch bei einer Aufführung sehen", erklärt Hytner,
"deswegen brauchte ich Experten, die sich auch mit dem Repertoire
einer solchen Truppe auskennen: Stücken wie "Schwanensee",
MacMillans "Romeo & Julia" und Balanchines Ballett
"Stars & Stripes".
Doch der Höhepunkt des Films gab uns die Gelegenheit, ganz
eigene Tänze zu kreieren. Die alljährliche Workshop-Aufführung,
bei der sich die Zukunft der Tanz-Studenten entscheidet, ist
der große Abschluss von buchstäblich jeder Tanz-Akademie
der Welt. Nicht selten werden dort auch neue Choreografie-Talente
entdeckt.
Wheeldon selbst hatte schon viele dieser Abschluss-Auftritte
für die American Ballet Schule inszeniert. Ich bat ihn also
ein handlungsfreies, klassisches Ballet zu einer skrupellos eingängigen
und romantischen Musik zusammenzustellen. Ich kenne keinen anderen
jungen Choreografen, der mit solch lockerer Selbstsicherheit
die klassische Tradition beherrscht, und so wählten wir
Rachmaninows 2. Klavierkonzert als musikalische Untermalung.
Gemeinsam mit Susan Stroman arbeitete ich dann an dem Teil des
Films, den ich als das Non-plus-Ultra bezeichnen würde,
ein ausgedehntes erzählendes Ballett, das den Höhepunkt
des Films darstellt. Ganz in der Tradition der klassischen MGM-Musicals.
Weil dieses Ballett in unserem Film aber von einem ikonoklastischen
jungen Tänzer choreografiert wird, konnten wir dafür
recht eklektisch in unserer Musikwahl vorgehen."
Stroman und Wheeldon suchten persönlich die Tänzer
für das Corps de Ballet aus, darunter auch viele von Wheeldons
Kollegen aus dem New York City Ballet. Diese ausgezeichneten
jungen Tänzer treten regelmäßig in den Repertoire-Stücken
des City Ballet auf, etwa in Meisterwerken von George Balachine
und Jerome Robbins, aber auch in Wheeldon und Stromans eigenen
Choreografien. Für die Film-Sequenz in der Jazz-Klasse,
untermalt mit alternativer Rock-Musik, wählte Stroman Tänzer,
die sie von ihren eigenen Inszenierungen am Broadway her kannte,
aber auch Tänzer, die zur Zeit einem Engagement bei den
Broadway-Hits "Cabaret", "Chicago" und "Fosse"
nachgehen.
Tanzproben - auch für die Kamera
Die Tanzproben begannen einige Zeit vor dem Drehbeginn und blieben
so lange ein Teil der täglichen Arbeit für die Darsteller,
bis die Tanzszenen fertig gedreht waren. Oft holte Hytner auch
Kameramann Geoffrey Simpson zu den Proben. "Wheeldon und
Stromans Ballett-Truppen waren sehr gut auf die Kamera vorbereitet
und so konnten wir weitaus ambitionierter Objektiv und Schnitt
einsetzen als erwartet. Sogar bei den berühmten Choreografien
von MacMillan und Balachine, die ja eigentlich strikt auf die
Perspektive aus dem Zuschauersaal ausgerichtet sind. Das war
eine hochgradig befriedigende Arbeit", strahlt Hytner.
"Die Kamerabewegung ist eine Kunst für sich, so wie
das eigentliche Drehen einer Szene eine Live-Performance ist",
erklärt Simpson. "Wir mussten diese Szenen auch weitaus
theatralischer ausleuchten, als die Spielszenen des Films. Die
Beleuchtung wurde hier viel wichtiger als normalerweise im Film,
denn es galt den Kontrast zwischen Künstlichkeit in den
Bauten und dramatischem Effekt in der Darstellung hervorzuheben.
Man könnte sagen, die Kamera musste mittanzen. Ihre Bewegungen
mussten weich und fließend sein. Darüber hinaus mussten
wir auch neue Perspektiven finden, d.h. Nahaufnahmen, Vogelperspektiven
und extreme Froschperspektiven vom Boden der Bühne aus.
Dafür benötigten wir viele verschiedene Linsen und
auch eine Steadycam."
Dreharbeiten
Während der Probenzeit wanderten Hytner und sein Team durch
die Straßen von New York, wo es galt die Eröffnungsszene
des Films - Studenten die auf ihrem Weg zum Tanzunterricht sind
- vor der Juilliard School am Lincoln Center zu drehen. Der eigentliche
Drehbeginn fand jedoch erst ein paar Tage später, am 12.
Juli 1999, statt. In Ridgewood, Queens, wurde für einen
Tag in einer kleinen Bostoner Ballettschule, in der Eva Rodriguez
erfolgreich für einen Platz an der American Ballet Academy
vortanzt, gedreht.
Die Dreharbeiten setzten sich auf der anderen Seite des Hudson
River, in Jersey City, Queens fort und in der Umgebung von Fort
Greene in Brooklyn. Abgerundet wurde die erste Drehwoche mit
Aufnahmen des Empfangs der American Ballet Academy, wofür
die Eingangshalle der Juilliard Schule den perfekten Hintergrund
lieferte.
Die Szene, in der die jungen Tanz-Studenten Jody, Eva, Maureen,
Charlie, Sergei und Erik, begleitet von Jim, einen Bootstrip
mit der Circle Line rund um Manhattan machen, wurde tatsächlich
auf einem Shuttle der Circle Line gedreht, das am südlichen
Ende von Manhattan ständig zwischen Liberty und Ellis Island
hin- und herkreuzte.
Nach einigen Szenen in den Büros der Ballett Akademie,
die auf dem Gelände der Fordham University Lincoln Center
gedreht wurden, zog das Team für zwei Tage in den Kit Kat
Club an der 43. Straße, der den Szenen im Salsa-Club den
richtigen Hintergrund verlieh. Für die musikalische Untermalung
sorgten dabei die Salsa-Stars Elvis Crespo und Giselle gemeinsam
mit ihrer Live-Band.
"Nach strikten Proben für die genau choreografierten
Ballett-Szenen war der Salsa wie eine Befreiung", erinnert
sich Stroman, "jeder tanzte fantastisch. Sascha und Amanda
fügten in die Rhythmen noch ein paar coole Ballett-Schritte
ein, und irgendwie machte das ihr Duett noch verführerischer,
was auch die Liebe von Charlie zu Jody gut zur Geltung bringt,
von der sie zu diesem Zeitpunkt ja noch gar nichts ahnt."
Kaum war man mit dem Salsa-Club fertig, ging es auch schon weiter
nach Williamsburg in Brooklyn, wo die Außenaufnahmen vor
dem Club gedreht wurden ebenso wie das Innenleben von Cooper
Nielsons Loft. Die Dreharbeiten kehrten danach wieder zurück
ans Lincoln Center, wo sich das Team zweieinhalb Wochen lang
im New York State Theater einnistete, um zwei der wichtigsten
Szenen des Films zu drehen.
Der amerikanische Architekt Philip Johnson designte das State
Theater nach den Vorstellungen von George Balachine und Lincoln
Kirstein, den Gründern des New York City Ballets. Insofern
ist das Haus perfekt für Ballett-Aufführungen, sowie
als Heim für das City Ballet und die New York City Opera.
Die erste Sequenz, die in den Sälen gefilmt wurde, war
die alljährliche Wohltätigkeits-Gala der American Ballet
Company. Gefolgt sogleich von der Workshop-Aufführung, die
in Center Stage den Höhepunkt markiert. Eine ganze
Woche arbeitete Hytner an dieser Sequenz, wobei er beide Ballett-Szenen
gleichzeitig in Angriff nahm. Morgens drehte er Jonathans romantische
Choreografie zur Musik von Rachmaninows Klavierkonzert Nr.2 und
nachmittags wurde Coopers Auftritt im Modern Ballet-Stil gedreht,
was den übrigen Tänzern eine verdiente Ruhepause gönnte.
Coopers Ballett ist ein künstlerisches Gleichnis zum Liebesdreieck
des Films - zwei junge Männer lieben dieselbe Frau, das
tatsächlich von den betroffenen Charakteren getanzt wird.
"Hytner und ich haben sehr viel über Coopers Ballett
geredet", erinnert sich Stroman, "Für ihn war
es das Wichtigste, dass dieser Auftritt sich total abheben sollte
von der klassischen Vorstellung Ballett. Dadurch und wegen der
zeitgenössischen Musik wird dieser Auftritt auch für
Zuschauer zugänglich, die sonst überhaupt nichts mit
Ballett anfangen können."
Stroman weiter: "Für die Choreografie dazu habe ich
mich ganz und gar in Coopers Figur hineingelebt. Obwohl er ein
technischer Perfektionist ist und eigentlich vom klassischen
Ballett kommt, will er mit diesem Stück seine Kunst erweitern.
Das war für mich der Ausgangspunkt."
Hytner hält Coopers Ballett für die ehrgeizigste Sequenz
im Film. "Das Cooper-Jody-Charlie-Dreieck wird darin entwickelt,
erfahren und schließlich aufgelöst in einer Menage
à trois, die Cooper eigentlich im Sinn hatte: Cooper-Kathleen-Jonathan.
Der ganze Film wird in diesen zehn Minuten puren Tanzens noch
einmal aufgerollt. Ich glaube fest an Tanz als narratives Medium,
deswegen war es auch so spannend mit Susan Stroman solch ein
Ballett zu kreieren und es für den Film umsetzbar zu machen."
"Es war eine großartige Erfahrung mit Susan Stroman
und Christopher Wheeldon arbeiten zu dürfen," so Hytner
weiter, "ich beneide sie um ihr Talent." Aber Hytners
Bewunderung beschränkt sich nicht nur auf die Choreografen.
"Mit Amanda Schull haben wir ein wahres Talent entdeckt",
schwärmt der Regisseur, " sie ist eine sehr natürlich
wirkende Schauspielerin und eine Tänzerin voller Gefühl.
Und Ethan Stiefel verblüffte mich mit jedem Tag mehr. Seine
Anmut, sein Einfühlungsvermögen und seine physische
Präsenz wird nur noch von seinem Streben nach Perfektion
übertroffen."
Für seine Rolle musste sich Stiefel an eine ganz neue Vorgehensweise
bei der Arbeit gewöhnen: "Bei einem Ballett-Auftritt
tanzt du vor 3000 Menschen im Zuschauersaal auf den großen
Moment, den Höhepunkt zu. Vor der Kamera bestand für
mich die Umstellung vor allem darin, nicht demonstrativ auf etwas
zuzusteuern, sondern einfach den Dingen ihren Lauf zu lassen."
Die Aufnahmen im New York State Theater erstreckten sich auch
über die Umkleidegarderoben, die Seitenflügel während
diverser Aufführungen, den Zuschauersaal und viele Flure.
Hytner drehte auch zwei Sequenzen auf der weitläufigen eleganten
Promenade vor dem Theater, die einer der schönsten Plätze
New Yorks ist.
Nach zwei Wochen Dreharbeit verließ das Team endgültig
das Lincoln Center und zog südlich nach SoHo. Hier, in den
Trainingsräumen der Paul Taylor Dance Company, inszenierte
Hytner die pulsierene, sexgeladene, hochathletische Broadway-Tanzklasse
von Jody. Auch für diese Tanz-Szenen zeichnet Stroman verantwortlich,
die somit einen schönen Kontrast zwischen der disziplinierten
Ballettwelt und der des freieren Broadway Jazz-Tanzes kennzeichnen.
"Stiefel fühlte sich hier ganz zuhause", weiß
Stroman zu berichten. "Er ist ein wundervoller Tänzer,
besonders durch seine phänomenale Technik, seine graziöse
Haltung und seinen klassischen Stil, aber er konnte sich auch
nahtlos in den Broadway-Stil einfügen. Er hat einfach Rhythmus
im Blut."
Als die Szenen im Broadway Tanzstudio fertiggestellt waren,
ging es auf einer Studiobühne in Williamsburg weiter. Denn
dort war inzwischen das entstanden, was man getrost das Herz
einer jeden Ballett-Akademie nennen kann: Der große Trainingssaal.
In Center Stage hat er riesige Ausmaße: 117 x
146 Meter, mit Spiegeln auf der einen und Fenstern auf der anderen
Seite. Zwar dienten als Vorbild der Probesaal des New York City
Balletts und das Studio der Juilliard School, doch trotz der
authentischen Wiedergabe wurden auch die räumlichen Bedürfnisse
eines Filmteams berücksichtigt.
"Die Bauten für das Ballett-Studio hielten wir sehr
spartanisch"; erklärt Ausstatter David Gropman. "Wir
wollten klare Linien in monochromen Farben wie Weiß und
Grau. Hytner hatte dafür eine sehr klare Ansage: Nichts
sollte das Auge ablenken. Die Attraktion in diesem Raum sollten
die Tänzer und ihre Bewegungen sein."
Mehr als alle anderen Sets symbolisiert das Studio die Abgeschiedenheit
der Welt des Tanzes. Dieser Raum enthält genau zwei wichtige
Elemente für Rituale der Tänzer: Die lange Ballettstange,
an der sie ihre täglichen Übungen vollführen,
was zum ABC eines jeden Eleven gehört und der große
Spiegel, vor dem sie ihre Fortschritte überprüfen und
perfektionieren.
Ballett ist eine sehr anspruchsvolle und anstrengende Kunst.
Das Training der Studenten kann man ohne Weiteres mit dem von
Olympia-Athleten vergleichen. Darüber hinaus streben sie
auch nach physischer Perfektion, und das nicht nur um der Schönheit
willen, sondern auch, um die Ausdruckskraft ihrer Kunst zu verbessern.
Alle an diesem Film beteiligten Tänzer, von Stiefel, über
Schull und Radetsky bis hin zum Corps de Ballet wärmten
sich jeden Tag für die Filmaufnahmen mit vielen Übungen
auf, manche sogar schon von 5 Uhr morgens an.
Ein besonders eindrucksvolles Element der Ballett-Studio-Ausstattung
war ein riesiger Prospekt, der außen vor den Fenstern angebracht
war. Dieser Prospekt, mit den Ausmaßen von 347 x 97 Metern
zeigt die südwestliche Perspektive auf New York, inklusive
Skyline, Empire State Building und einem Stück vom Hudson
River.
"Gropman hat das Studio 36 Meter über dem Boden eingerichtet.
Wir mussten Treppen und steile Rampen hinaufklettern, um dorthin
zu gelangen. Schaute man aber aus dem Fenster des Studios auf
den Prospekt, dann fühlte man sich wie auf dem Dach des
Studios", meint Geoffrey Simpson dazu, "für mich
als Kameramann stellte das ein Problem dar, denn nach Hytners
anfänglichen Beschreibungen sollte es eine Szene geben,
in der die Tänzer tatsächlich vom Dach aus die Skyline
New Yorks bewundern sollten."
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